Ambulanz in Graz:

Wichtige Spurensuche an Opfern von Gewalt

Steiermark
11.04.2019 08:35
Eine Einrichtung der ganz besonderen Art, noch dazu österreichweit einzigartig, gibt es in Graz: die klinisch-forensische Untersuchungsstelle. Hierher kommen Frauen, Männer und Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind. Alle ihnen zugefügten Verletzungen werden dort bis ins Detail untersucht und dokumentiert.

Gewalt ist in Österreich leider stets ein Thema. Die neue Kriminalstatistik belegt, dass die Zahlen entsprechender Delikte wieder nach oben gehen. Ebenso in der Steiermark! Die Dunkelziffer kann natürlich nicht abgeschätzt werden, sie dürfte aber hoch sein. Denn Opfer sind oftmals so eingeschüchtert, dass sie den Gang zur Polizeiinspektion nicht wagen. Für all jene, die so etwas Furchtbares haben erleben müssen, steht in Graz ein ganz besonderes und in Österreich einzigartiges Zentrum zur Verfügung: die klinisch-forensische Untersuchungsstelle. Sie ist eine Einrichtung am Diagnostik- und Forschungsinstitut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Graz.

Eine Anzeige muss nicht gemacht werden
Seit dem Jahr 2008 besteht diese Einrichtung. Opfer können von der Polizei, der Staatsanwaltschaft, einer Klinik, der Behörde oder von einer Opferschutzorganisation zugewiesen werden. Eine Anzeige ist nicht notwendig, untersuchen kann sich jeder lassen.

Betreut wird die Stelle ausschließlich von den Gerichtsmedizinerinnen Dr. Isabella Klasinc und Dr. Kathrin Ogris. Zu ihnen kommen Frauen, Kinder, aber auch Männer, denen Gewalt widerfahren ist. Die Menschen wurden sexuell missbraucht, misshandelt und geschlagen. „Wir untersuchen niederschwellig. Das bedeutet, es muss zuvor keine Anzeige erfolgt sein. Unabhängig davon, was passiert ist, wird immer der gesamte Körper forensisch untersucht“, erklärt Isabella Klasinc. Die beiden gehen sozusagen auf Spurensuche, wobei – wie in jedem Kriminalfall – der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle spielt.

Vermessen und dokumentieren
Je eher untersucht wird, desto mehr Spuren können von den beiden Medizinerinnen sichergestellt werden! Dabei werden die entstandenen Wunden und Blessuren fotografiert, aus- und vermessen und genau niedergeschrieben. Rund 1500 Untersuchungen haben die beiden Medizinerinnen seit 2008 durchgeführt. Ungefähr 120 Fälle sind es in etwa pro Jahr. Wobei sich die Anzahl an Kindern und Erwachsenen in etwa die Waage hält. Auch Flüchtlinge kommen zu ihnen, um Folterspuren dokumentieren zu lassen.

Frauen stehen auf Opferliste ganz oben
Am häufigsten sind es aber Frauen, die die Stelle aufsuchen. Viele von ihnen sind nicht zum ersten Mal da. Viele lassen sich zwar anschauen, haben sich aber noch nicht dazu durchringen können, ihren Peiniger tatsächlich anzuzeigen. Die Angst ist zu groß. Ab und zu trifft die häusliche Gewalt aber auch Männer.

Isabella Klasinc und Kathrin Ogris sind durch ihre Arbeit ständig mit teils schockierenden Gewalttaten konfrontiert. Vor allem jene an Kindern gehen ans Herz. Doch darin sind sich beide einig: „Man muss sich abgrenzen, sonst könnte man diese Arbeit nicht machen. Wir sind weder opfer- noch täterorientiert, sondern objektiv. Sonst wäre es nicht möglich, Befunde richtig zu interpretieren. Immerhin besteht ja auch die Möglichkeit der Entlastung durch die Dokumentation!“

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