Polyp altert nicht

Forscher knacken Gencode der ewig lebenden Hydra

Wissenschaft
15.03.2010 11:31
Den genetischen Code eines auch für die Medizin höchst interessanten Tieres hat ein internationales Wissenschaftler-Team mit Beteiligung der Unis Innsbruck und Wien aufgeschlüsselt. Der Süßwasserpolyp – auch Hydra genannt - hat demnach rund 20.000 Gene. Was man an den kleinen Hohltieren beneiden könnte: Sie können ewig leben und bekommen keinen Krebs. Überraschendes Ergebnis: 57 Prozent der Erbsubstanz kommen ursprünglich von Viren, erklärt Bert Hobmayer von der Uni Innsbruck.

"Wir haben bisher oft im Trüben gefischt", sagt Hobmayer vom Institut für Zoologie der Universität Innsbruck. "Nun kennen wir die gesamte Erbinformation und können damit sehr gezielt die Funktion von bestimmten Genen untersuchen und diesen kritischen Übergang in der Evolutionsgeschichte eingehender studieren."

Der Polyp, der nicht altert
Die Regenerationsfähigkeit der einige Millimeter großen Süßwasserpolypen – einige Arten können auch zentimeterlang werden - beschäftigt und fasziniert die Wissenschaft schon seit langem. So kann man einige Arten der Tiere zerstückeln und zerhacken - solange einige Zellen unversehrt bleiben, finden diese wieder zu einander und bilden eine neue Hydra.

Die Regenerationsfähigkeit ist den laufend frisch gebildeten Stammzellen zu verdanken und diese sind letztendlich auch dafür verantwortlich, dass die Tiere nicht altern. Selbst Nervenzellen regenerieren und verjüngen sich.

Dabei gehören die Süßwasserpolypen zu den ältesten und einfachsten vielzelligen Organismen überhaupt. Die sogenannten Nesseltiere, die im Prinzip nur aus zwei Zellschichten bestehen, besiedeln seit rund 600 Millionen Jahre den Planeten. Die meisten leben als Quallen oder auch festsitzende Polypen (Bild) zum Großteil im Meer, ein kleiner Teil eroberte wie die Hydra das Süßwasser und ernährt sich dort von Plankton und kleinen Lebewesen, die mit giftigen Nesselkapseln an den Tentakeln gefangen werden. Auch ein sesshafter Polyp kann sich am Tag bis zu zehn Zentimeter weiterbewegen.

Wirklich sterben kann die Hydra nur durch den sogenannten Katastrophentod, d.h. wenn die Umgebung des Süßwasserpolypen zum Beispiel durch Gifte und Schwermetalle lebensfeindlich wird.

Viren-Relikte im Erbgut
Durch die Einfachheit ihrer Organisation - sie besitzen beispielsweise kein Gehirn - sind die Süßwasserpolypen beliebte Modellorganismen in der Wissenschaft geworden. Dabei werden grundlegende und vielfach allgemeingültige Mechanismen des Lebens studiert.

Bei der Aufschlüsselung des Hydra-Genoms, an der auch zwei Forschergruppen des Biozentrums Althanstraße der Universität Wien beteiligt waren, zeigte sich, dass 57 Prozent aus sich wiederholenden Abschnitten bestehen, die ursprünglich von Viren stammen. Durch genaue Vergleiche konnten sogar die Angriffe der Viren in der Vergangenheit nachvollzogen werden, sie erfolgten in drei Wellen. Die effektiven Immunsysteme der Tiere konnten die Viren zwar unschädlich machen, doch die Reste sind immer noch im Erbgut. Auch auf der menschlichen DNA finden sich Viren-Relikte.

Fragen über die Entwicklung des Lebens möglich
Es zeigten sich aber auch Gene innerhalb des Genoms der Hydra, deren Ursprung in Bakterien vermutet wird. Welche Einflüsse die fremden Abschnitte auf die Biologie der Süßwasserpolypen hatten und haben, soll nun weiter untersucht werden. Nachdem die Tiere zu den ältesten vielzelligen Organismen zählen, stehen auch die Kontaktstellen zwischen den Zellen im Mittelpunkt der Forschungen. Es soll geklärt werden, wie erstmals in der Entwicklung des Lebens Kanäle zwischen Zellen entstanden und über diese kommuniziert wurde. Die Gene, welche für den Bau dieser Kanäle verantwortlich sind, konnten bereits aufgespürt werden...

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