Ungereimtheiten

“Horrorfahrt” mit Toyota Prius nur ein Märchen?

Motor
15.03.2010 11:20
Mit seiner "Horrorfahrt" in einem Toyota Prius mit klemmendem Gaspedal hat sich der 61-jährige James Sikes vergangene Woche in die Schlagzeilen katapultiert. Jetzt tauchen erste Zweifel an seiner Story auf. Sachverständige können die Vorgänge, die sich auf einem kalifornischen Highway ereignet haben sollen, weder reproduzieren noch erklären und auch keine Spuren davon am Auto finden.
(Bild: kmm)

Sikes hatte am vergangenen Montag während einer Autofahrt den Notruf gewählt. Er sei auf der Interstate 8 bei San Diego und habe die Kontrolle über seinen Wagen verloren, sagte er panisch am Telefon. Der Prius habe von allein auf rund 150 Kilometer pro Stunde beschleunigt, das Gaspedal klemme und die Bremsen würden nicht funktionieren.

Nach 23-minütiger Amokfahrt - aus Angst, der mit einem Automatikgetriebe ausgestattete Prius könnte verrückt spielen, traute sich Sikes nicht, den Leerlauf einzulegen und den Motor abzustellen - wurde das Auto erst mit Hilfe der Highway Patrol an einer Steigung gestoppt.

"Elektronisch und mechanisch nicht nachvollziehbar"
"Ich trat auf die Bremse. Das Auto hielt nicht an, es tat nichts, und es wurde immer schneller", erzählte Sikes nach dem Zwischenfall (siehe Video in der Infobox). Er habe auch versucht, das Gaspedal zurückzuziehen, aber es habe sich "überhaupt nicht bewegt". Genau diese beschriebenen Sachverhalte seien aber sowohl aus elektronischer als auch aus mechanischer Sicht nicht nachvollziehbar, heißt es von den Sachverständigen in ihrem vorläufigen Bericht an die Kongress-Untersuchungskommission.

Zwei Stunden lang versuchte das Team aus behördlichen Sachverständigen und Toyota-Technikern, dem Problem auch bei Probefahrten mit Sikes' Wagen auf den Grund zu gehen - vergeblich. Alle Sicherheitseinrichtungen funktionierten. "Jedes Mal, wenn der Techniker das Gaspedal durchgedrückt hat und das Bremspedal durchgedrückt hat, schaltete sich der Motor wie vorgesehen ab und der Wagen wurde sofort langsamer", schrieben die Experten.

Bremsbeläge waren Schrott
Sikes Prius' gehört auch nicht zu jener wegen Probleme mit dem Teppichbelag zurückgerufenen Charge, merkten die Techniker an. Schäden am Gaspedal selbst konnten die Experten nicht feststellen. Wohl aber seien die Bremsbeläge an dem Prius gefährlich weit heruntergefahren gewesen. Die Spuren würden aber nicht auf ein kurzes, heftiges Abschleifen hindeuten, sondern eher auf kontinuierlich heruntergefahrene Beläge.

Angesichts dieser Erkenntnisse sei es fraglich, ob Sikes' Schilderungen glaubwürdig seien, sagte ein Sprecher des Abgeordneten Darrell Issa, der als führender Republikaner im zuständigen Ausschuss des Repräsentantenhauses sitzt. Sikes Anwalt meinte, der Fall eines klemmenden Gaspedals habe von Toyota selbst "noch nie" reproduziert werden können. Sein Mandant habe ganze drei Jahre lang keine Probleme mit seinem Auto gehabt und erst dann sei es plötzlich passiert.

"Wir haben das alles satt"
Sikes selbst war am Wochenende für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Seine Frau erklärte aber, er bleibe bei seiner Darstellung. "Jim wurde nicht verletzt. Er hat nicht die Absicht, Toyota zu verklagen", sagte Patty Sikes. "Wenn das Ganze zu etwas gut sein soll, können sie vielleicht herausfinden, was passiert ist, damit andere nicht ums Leben kommen." Ihr Leben stehe seit Montag Kopf, sagte Patty Sikes weiter. Sie erhielten sogar Todesdrohungen. "Wir haben das alles satt", erklärte sie.

Sikes' "Horrorfahrt" hatte sogar die erste behördliche Klage gegen Toyota in den USA zur Folge. Der Staatsanwalt in Sikes' kalifornischem Heimatbezirk Orange County hatte am Freitag Klage wegen der Gefährdung der Öffentlichkeit durch den Verkauf fehlerhafter Autos und irreführender Verkaufspraktiken eingereicht. Es war die erste Klage gegen Toyota von staatlicher Seite, bisher wurden nur von Privatiers Beschwerden eingereicht. Die Kongress-Untersuchungskommission hat allerding wiederholt ein Strafverfahren gegen Toyota in den Raum gestellt.

8,5 Millionen Autos zurückgerufen
Toyota hat in den vergangenen Wochen wegen Sicherheitsproblemen weltweit 8,5 Millionen Autos zurückgerufen. Das US-Verkehrsministerium sprach Anfang März von 52 Toten infolge von Unfällen, die mit unkontrollierbarer Beschleunigung zu tun haben sollen. Den Fall Sikes kommentiert Toyota nach wie vor nicht.

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(Bild: kmm)



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