„Anthem“-Entwickler:

„Ich ging in einen ruhigen Raum, um zu weinen.“

Digital
04.04.2019 12:32

EAs Online-Shooter „Anthem“ dürfte als bisher größter Flop des eigentlich für Kult-Spiele wie „Baldur’s Gate“, „Mass Effect“ oder „Dragon Age“ bekannten Studios Bioware in die Annalen der Spielegeschichte eingehen. Weder Spieler noch Presse hatten Freude mit dem Titel, die Wertungen sind unterirdisch. Aber wie konnte es so weit kommen? Durch Missmanagement, kreiden Entwickler anonym an.

„Ich bin öfter in einen ruhigen Raum gegangen, um zu weinen.“ Solche und ähnliche Aussagen - es soll eine Burnout-Welle im Studio gegeben haben - hat der „Kotaku“-Reporter Jason Schreier von Bioware-Entwicklern gehört, die in die Entwicklung von „Anthem“ involviert waren.

Keine klare Vision trotz langer Entwicklungszeit
Seine Gespräche hat er in einen großen Report einfließen lassen, der interessante Einblicke in die Entwicklungsgeschichte von „Anthem“ gewährt - und zeigt, dass es dem Spiel trotz siebenjähriger Entwicklung bis zuletzt an einer klaren Vision gefehlt hat. Auch technische Probleme mit der von Publisher EA bereitgestellten „Frostbite“-Spielengine soll es gegeben haben.

So habe man anfangs ein Survival-Spiel machen wollen, später wurde das Spiel dann immer mehr zum nun veröffentlichten Loot-Shooter. Es wurden Manager ausgetauscht, neue Chefs mit neuen Ideen und Wünschen geholt. Die längste Zeit wussten die Entwickler dadurch gar nicht, was „Anthem“ eigentlich für ein Spiel werden sollte.

Jetpack-Anzüge waren Zugeständnis an Manager
Die Jetpack-Anzüge, mit denen die Spieler durch die Welt von „Anthem“ fliegen, waren zum Beispiel nicht von Anfang an geplant. Es wurde mit einem Flugmodus experimentiert, dann wieder zurückgerudert. Letztlich sollen die Jetpack-Anzüge als Reaktion auf interne Kritik eines Managers ins Spiel eingebaut worden sein, der beim Anspielen nun einmal Freude daran hatte.

Ebenfalls ungeschickt: Kritikern wurde im Entwicklungsprozess offenbar kein Gehör geschenkt. So soll jenes Bioware-Studio im texanischen Austin, das mit „Star Wars: The Old Republic“ schon Erfahrung mit Online-Spielen gesammelt hatte, dem Hauptstudio im kanadischen Edmonton einige Vorschläge unterbreitet haben, die das Spiel besser gemacht hätten, aber schlicht ignoriert wurden.

Vieles wurde erst in letzter Minute gemacht
Die Folge: Viele zentrale Bestandteile des Spiels - etwa die Story, die Missionen, das Gameplay - konnte man erst in den letzten 12 bis 16 Monaten umsetzen. Publisher EA drängte indes auf ein zeitiges Erscheinen vor März 2019, damit „Anthem“ noch im alten Geschäftsjahr erschien. Letztlich warf man ein unfertiges Spiel auf den Markt - und erntete die schlechtesten Wertungen, die je ein Bioware-Spiel abbekommen hat.

Der Ruf des 1995 gegründeten Kult-Entwicklers ist ramponiert. In der Vergangenheit entstandenen Meilensteinen wie „Baldur’s Gate“, „Knights of the old Republic“, „Mass Effect“ oder „Dragon Age“ standen zuletzt - der Abstieg begann aus Sicht vieler Spieler 2012 mit dem Abgang der Gründer Greg Zeschuk und Ray Muzyka und der Machtübernahme durch Publisher EA - eher durchwachsene Spiele gegenüber.

Ob der gute Name Bioware nach „Mass Effect: Andromeda“ und „Anthem“ noch einen weiteren Flop verkraftet, muss sich zeigen. Derzeit arbeitet man für EA an einem neuen „Dragon Age“.

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