Festival „Literasee“:

Bad Aussee als Literatur-Nabel der Welt

Steiermark
31.03.2019 19:00

Der Nabel der Literaturwelt befand sich am vergangenen Wochenende wieder im Herzen Österreichs: Die fünfte Ausgabe des Wortfestivals „Literasee“ in Bad Aussee lockte hunderte Literaturbegeisterte ins Ausseerland, wo sie gemeinsam mit sieben geladenen Autorinnen und Autoren Brücken durch Zeit und Raum schlugen.

Willkommen auf der Insel der seligen Literaturfreunde. Die Krisen des Buchmarkts sind beim Wortfestival „Literasee“ im Hotel „Die Wasnerin“ zwar Thema: 300.000 Österreicher können nicht mehr sinnerfassend lesen, wird da am Mittagstisch etwa diskutiert. Doch wer zu diesem Festival, kommt, zählt definitiv nicht dazu. Hier wird das Lesen und Vorlesen noch mit Leidenschaft zelebriert.

Brücken zwischen Heimat und Fremde
Doch es geht hier bei weitem nicht nur um Wohlfühl-Literatur. Wie existiert man, wie findet man seine Identität zwischen Heimat und Fremde? Diese Frage steht im Zentrum jener Werke, deren Autoren heuer zum Festival geladen wurden: Doris Knecht etwa schickt in ihrem neuen Roman „Weg“ ein Paar, das eigentlich nie ein Paar war und nur durch ein gemeinsames Kind verbunden ist, auf die Suche nach dieser Tochter in Asien. Tanja Maljartschuk wiederum geht in ihrem Roman „Walfisch der Erinnerung“ auf die Spurensuche nach einem vergessenen Helden ihrer ukrainischen Heimat. Reinhard Kaiser-Mühlecker verpackt in „Enteignung“ eine Gesellschaftsanalyse über die Krisen der Landwirtschaft und des Journalismus in ein karges Liebesdrama in der Provinz. Gunther Geltinger schickt in „Benzin“ ein Paar in der Krise auf einen poetisch dichten Trip durch Afrika. US-Starautorin Nell Zink gab einen ersten Einblick in ihren neuen bereits vielfach prämierten Roman „Virginia“, der erst in wenigen Wochen auf deutsch erscheint und in dem sie in pointiert rasanter Sprache eine lesbische Frau aus einer Ehe mit einem schwulen Poeten flüchten lässt. Und Lokalmatadorin Barbara Frischmuth taucht in „Verschüttete Milch“ noch einmal in das Ausseerland ihrer Kindheit ein.

Besondere Literatur-Erlebnisse
Das Besondere an „Literasee“ ist, dass man den Autorinnen und Autoren hier nicht nur bei der Lesung selbst begegnet. Es gehe um „literarische Erlebnisse abseits routinemäßiger Lesungsformate“, so Organisator Gernot Reiter. Ein Klassiker des Routinebruchs ist dabei die jährliche Lesung in den Salzwelten von Altaussee - Wanderung, Naturspektakel und geistiges Abenteuer verschmelzen im Stollen zu einem Erlebnis: Heuer ging es mit Christoph Ransmayr, dem Stargast des Festivals, das insgesamt 800 Besucher anzog, unter Tag. Dort las er aus seinem aktuellen Bestseller „Cox“ - ein literarischer Versuch, die Zeit anzuhalten.

Doch letztlich vergeht die Zeit auch auf der Insel der Seligen schneller als einem lieb ist. Was man mitnimmt, sind in Sätze gegossene Erkenntnisse: „Die Literaturgeschichte ist voller nerviger Männer. Es ist Zeit, dass ein paar nervige Frauen dazukommen“, antwortet Doris Knecht etwa auf die Kritik, dass ihre Frauenfiguren mitunter mühsam sein können. Und Tanja Maljartschuk musste am Ende ihrer Lesung - kurzfristig hatte sie einen unveröffentlichten Text über ein Familienbegräbnis voller düsterer Pointen vorgetragen - dem Publikum schmunzelnd ein Versprechen abnehmen: „Erzählen sie meiner Familie nie, dass sie diese Geschichte kennen.“

Es sind kleine Geheimnisse wie dieses, die „Literasee“ zum sympathischen Unikum in der österreichischen Literaturlandschaft machen.

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