"Armer Staat"

Josef Pröll zu den Sparbudgets: Es gibt keine Tabus

Österreich
09.03.2010 17:20
Die Österreicher werden angesichts explodierender Staatsschulden zur Kasse gebeten. In der Debatte um konkrete Maßnahmen soll es dabei keine Tabus geben, betonte Finanzminister Josef Pröll am Dienstag nach dem Ministerrat. Kürzungen sind unter anderem bei Wirtschaft, Infrastruktur, Umwelt und Familien zu erwarten. Manche Minister wirkten bereits vor der Regierungssitzung angeschlagen und regelrecht schockiert ob der Sparpläne.

Die Regierung will allein nächstes Jahr 1,7 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen und weitere 1,7 Milliarden Euro einsparen. Der am Dienstag beschlossene Finanzrahmen legt aber auch fest, wie viel Geld die Regierung in den kommenden vier Jahren ausgeben darf.

Konkrete Vorschläge bis Herbst
Darauf aufbauend finden noch die detaillierten Budgetverhandlungen für die einzelnen Ressorts statt. Bis Herbst will die Regierung schon konkrete Vorschläge ausarbeiten. Die Ausgangsposition sieht jedenfalls in zahlreichen Bereichen Einsparungen vor. Pröll wollte nach dem Ministerrat jedenfalls nichts ausschließen. Man werde auch über Leistungskürzungen diskutieren, so der Finanzminister. Auf Details wollte er sich freilich nicht einlassen, auch nicht bei den Steuern. Wirklich einig sind sich SPÖ und ÖVP bisher nur über die Bankenabgabe von rund 500 Millionen Euro (siehe auch Infobox). Woher die restlichen 1,2 Milliarden Euro kommen sollen, wird in den kommenden Monaten diskutiert.

Minister über Sparbudgets schockiert
Bereits vor dem Ministerrat haben die einzelnen Ressort-Verantwortlichen angesichts der ihnen aufgebürdeten Sparbudgets regelrecht schockiert gewirkt. So kündigte etwa Außenminister Michael Spindelegger an, sowohl bei Auslandsvertretungen als auch bei Entwicklungshilfe sparen zu müssen. Auch im Ressort von Umweltminister Niki Berlakovich "wird kein Stein auf dem anderen bleiben". Zufrieden zeigten sich hingegen die Unterrichts- und die Wissenschaftsministerin: In diesen Ressorts fallen die Einsparungen vergleichsweise gering aus.

"Es wird kein Bereich verschont bleiben", betonte Spindelegger in Bezug auf die Sparpläne. Es seien keine Einsparungen mehr möglich, deswegen werde er bei der Struktur ansetzen müssen. Das werde auch Konsequenzen bei den Vertretungen im Ausland haben sowie bei der internationalen Hilfe. Das sei "tragisch", sagte Spindelegger und fügte noch hinzu: "Österreich ist ein reiches Land, aber ein armer Staat." Als "dramatisch" bezeichnete auch Berlakovich die Situation.

"Was die Kreativität hergibt"
Familienstaatssekretärin Christine Marek wollte keine konkreten Bereich nennen, in denen sie Kürzungen plane. Ausschließen wollte sie jedenfalls nichts, auch nicht im Bereich Kindergeld oder Familienförderung. Sie betonte aber, dass ihr Familienförderung wichtig sei. Sozialminister Rudolf Hundstorfer blieb ebenfalls vage. Die Einsparungsvorgaben des Finanzministeriums seien geringer ausgefallen und bei den Pensionen will er schauen, "was die Kreativität hergibt". Insgesamt sprach er von einem tragfähigen politischen Kompromiss.

Keine Aussagen zu neuen Steuern
Die beiden Finanzstaatssekretäre Andreas Schieder und Reinhold Lopatka wollten sich trotz zahlreicher Fragen freilich auf Aussagen über etwaige neue Steuern bzw. Steuererhöhungen nicht einlassen. Man werde sich bis zum Herbst Gedanken darüber machen, wie man die geplante Budgetkonsolidierung im Detail gestalten werde. Den Vorwurf, die Regierung hätte das Projekt der Verwaltungsreform wieder aufgegeben, wies Lopatka zurück. Die Verwaltungsreform sei nicht dazu geeignet, Einsparungen innerhalb weniger Monate zu erzielen, da gehe es vielmehr um mittel- und langfristige Einsparungen.

Schmied und Karl zeigen sich erleichtert
Zufrieden haben sich hingegen Unterrichtsministerin Claudia Schmied und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl gezeigt, weil die im Zuge des Budgetrahmens vorgesehenen Einsparungen in ihren Ressorts am geringsten ausfallen sollen. "Sie haben Recht, ich bin mit dem Bereich Bildung noch ganz gut weggekommen", sagte Schmied vor Journalisten. Die Unterrichtsministerin betonte, dass trotz der allgemeinen Sparvorgaben die Bildungsreform weitergehen müsse. "Das ist zentral, das ist das Herzstück der Bundesregierung." Was die Budgeteinschnitte etwa für das künftige Lehrerdienstrecht bedeuten könnten, wollte sie nicht ausführen.

Auch Karl zeigte sich froh, dass ihr Ministerium als "Zukunftsressort" eingeschätzt worden sei. Strukturelle Maßnahmen, die nun notwendig würden, werde man sich bis Herbst überlegen. Zufrieden gab sie sich darüber, dass das Budget für die Universitäten per Gesetz bereits bis zum Jahr 2012 gesichert sei. Dies sei bereits beschlossen, in die Leistungsvereinbarungen werde nicht mehr eingegriffen, sagte sie.

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