Jubiläum & Best-Of

Megadeth: 35 Jahre im Dienste des Thrash Metal

Musik
25.03.2019 07:00

Mit seinem Lebensprojekt Megadeth schreibt der streitbare kalifornische Musiker Dave Mustaine seit mehr als 35 Jahren Thrash-Metal-Geschichte. Zum Jubiläum veröffentlicht die Institution eine 3-CD-Best-Of und Mustaine blickt mit uns im Gespräch noch einmal selbstkritisch auf sein keinesfalls friktionsfreies Leben zurück.

(Bild: kmm)

Mit Jubiläen ist das immer so eine Sache. Man will sie angemessen feiern und scheitert dann am eigenen Zeitmanagement oder der übertriebenen Perfektion. Die letzte Woche erschienene 3-CD-Best-Of „Warheads Before Foreheads“ der US-Thrash-Metal-Institution Megadeth krankt genau an dieser Kleinigkeit. Sie sollte eigentlich zum 35-Jahre-Bestehen der Band rund um den streitbaren Rotschopf Dave Mustaine erscheinen, kommt dafür aber nun doch ein paar Monate zu spät. Wer sich aber nicht an solch terminlichen Details stößt, dem eröffnet sich auf den - no na - 35 Songs der Riff-Himmel. Ausgewählt wurden die Tracks, die sich über die gesamte Schaffensphase der Band ziehen, von Mustaine selbst, der die Zusammenstellung der fein aufgemachten Compilation erwartungsgemäß martialisch kommentierte. „Ich betrachte diese Songs als die effizientesten Waffen im Arsenal der Band. Der Titel ist ein Begriff des US-Militärs für zielgerichtete Effizienz. Es geht darum, die richtigen Werkzeuge für den Job zu benutzen und diese Tracks wurden für maximale Zerstörung geschaffen.“

Geboren aus Hass
Von „Killing Is My Business… And Business Is Good!“ über „Hangar 18“, „The Conjuring“ und „In My Darkest Hour“ bis hin zu „Skin O‘ My Teeth“, „Symphony Of Destrucion“ oder dem immer noch recht aktuellen „Dystopia“ bleiben für den Thrash-Maniac keine Wünsche offen. Gewiss - nach Metallica und Slayer ist und bleibt Megadeth die drittwichtigste Band für das brachiale Subgenre. Angelehnt an die Songs ist es folgerichtig nur passend, dass die Band selbst auch aus Hass und Rachegelüsten entstand. Bekanntermaßen begann die Karriere des Kaliforniers als Gitarrist bei Metallica, bis er sich - nachdem er einen erklecklichen Anteil an später erfolgreichen Songs geschrieben hat - mit James Hetfield und Lars Ulrich verwarf und daraufhin eine Band gründete, die schneller und aggressiver sein solle, als seine ursprüngliche Spielwiese. „Ich hatte damals keine klare Vision“, erinnert sich Mustaine überraschend gut gelaunt im „Krone“-Interview zurück, „ich war einfach wütend und wollte Rache üben.“

Den Job zu verlieren wäre damals die eine Sache gewesen, von den Metallica-Mitgliedern in der Öffentlichkeit aber auch noch als lausiger Gitarrist abgestempelt zu werden, war Mustaine zu viel. Den Rachefeldzug gegen seine einstigen Lieblingsfeinde legte er erst vor wenigen Jahren ad acta, als „The Big Four“ (inkl. Slayer und Anthrax) gemeinsam auf große Tour gingen. „Als ich selbst reifer und weiser wurde, habe ich die Causa mit anderen Augen gesehen. Manchmal sagen Menschen einfach blöde Dinge, um sich selbst zu rechtfertigen. Ich habe die zwei Jungs eigentlich immer gemocht, aber es hat eben nicht sollen sein. Ich freue mich heute darüber, dass sie alles erreicht haben, was sie sich erträumten.“ Selbstverständlich hatte die Medaille zwei Seiten. Mustaine war schon damals bekannt für seine aggressiven Ausfälle, ein massives Alkoholproblem und dramatischen Drogenmissbrauch. Die zusätzlich vorhandene Unfähigkeit, sich in einem Team zu fügen war schlussendlich ein entscheidender Punkt, sich selbstständig zu machen und interessierte Musiker um sich zu scharen, die ihn zwar stets unterstützten, aber niemals am kreativen Chefposten rüttelten. „Ich weiß, dass ich anfangs eine ziemlich unausstehliche Person war, aber mittlerweile habe ich mich gefunden. Es gab auch in der Band immer viele Probleme, aber irgendwann verzieht sich der Rauch und die Nebel lichten sich.“

Schwarze Magie
Neben der zweifellos famosen Musik, die er zumindest bis zum Album „Youthanasia“ (1994) und dann in den letzten Jahren erneut ablieferte, war Mustaine vor allem eine streitbare Person mit radikalen Ansichten. Als Zeuge Jehovah geboren fand er als Kind schnell in satanische Gefilde und experimentierte mit schwarzer Magie. „Ich war schockiert darüber, dass das wirklich funktionierte. Du kannst nicht mit dem Teufel spielen, ohne dafür zu bezahlen.“ Das führte sogar so weit, dass Megadeth den klar okkult geprägten Song „The Conjuring“ lange nicht spielten. Erst Lamb-Of-God-Drummer Chris Adler, der zwischen 2015 und 2016 bei Live-Gigs aushalf, konnte Mustaine dazu überreden, den Klassiker wieder in die Setlist aufzunehmen. „Ich fühle mich noch heute nicht sonderlich wohl damit, kann die Hintergründe, die zu dieser Nummer führten, aber mittlerweile ausblenden.“

Als Mustaine sich in die Hände der Anonymen Alkoholiker begab, um von seiner Sucht loszukommen, fand er den Weg zum Christentum, der ihn bis heute entscheidend prägt. „Es ist beim Glauben so wie beim Trinken. Wenn dir jemand sagst, du sollst es versuchen oder du sollst es lassen, wird es nicht klappen. Das muss schon von dir selbst kommen. Ich habe in meinem Leben wirklich alles probiert. Drogen, Alkohol, schwarze Magie, Hexerei - aber nichts davon machte mich glücklich. Ich habe es dann mit Religion versucht, weil ich ohnehin nichts zu verlieren hatte. Ich will den Glauben aber auch niemandem aufzwingen und rede ungern darüber. Jeder sollte sich selbst seine Meinung bilden.“ Festivalauftritte mit offen satanischen Bands wie Rotting Christ oder Dissection hatte Mustaine früher unversehens abgesagt.

Lehren gezogen
Schon in den späten 80er-Jahren eckte Mustaine auch mit hinterfragenswerten politischen Ansichten an. Etwa seiner strikten Ablehnung gegenüber der Homo-Ehe und Homosexualität im Allgemeinen. Der gefestigte Unterstützer der Republikaner hat zudem schon 1988 kundgetan, dass es an der Grenze zu Mexiko eine Mauer bräuchte, um illegale Einwanderer zu verhindern und kritisierte jahrelang vehement die Umstände, wie Barack Obama zum US-Präsidenten wurde. Markige Sprüche hört man vom heute 57-Jährigen aber immer seltener, zu sehr ist er darauf fokussiert, den Schwung, den vor allem die letzten beiden Alben „Super Collider“ und „Dystopia“ in die Band brachten, möglichst lange mitzunehmen. „Mein ganzes Leben lang bin ich schon missverstanden. Da ich ein erfolgreicher Musiker bin, bekommen meine Worte und Taten mehr Gewicht. Ansonsten würde man sich einen Dreck darum scheren. Ich habe schon öfters in meinem Leben meine Lehren gezogen - so ist das eben und das habe ich akzeptiert.“

Für den Vater zweier mittlerweile erwachsener Kinder haben sich diverse Prioritäten im Leben auch längst verschoben. „Mein Vater war nie für mich da, also musste ich auf die harte Tour selbst lernen, wie man mit dem Leben umgeht. Wenn ich von Fans höre, dass sie Väter haben, die nicht für sie da sind, ekelt mich das richtiggehend an. Das ist auch der Grund, warum ich mich meinen Fans so nahe fühle. Ich bin gerne für kurze Zeit der große Bruder oder ein Vaterersatz, wenn es anderen dadurch besser geht. Jeder von uns braucht in gewissen Momenten jemanden, an dem er sich anlehnen kann.“ 2019 feiert Mustaine mit Megadeth aber nicht nur das (leicht verspätete) 35-Jahr-Jubiläum, sondern wird auch ein neues Studioalbum veröffentlichen. Acht Songs seien bis dato schon fertig, einige weitere werden folgen, bis man wohl im Herbst mit dem 16. Werk rechnen kann. Im Oktober lädt man zur „Megacruise“-Kreuzfahrt ab Los Angeles mit Bands wie Anthrax, Testament und Metal Church. Wohl auch weiterhin mit möglichst wenig Allüren. „Heute lebe ich auf einem Bauernhof und muss zuhause täglich die Pferdescheiße aus dem Weg räumen. Wenn mich das nicht bodenständig macht, was dann?“

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