"Ich wurde ruiniert"

“Krone”-Interview mit Ex-Leiter von Tirols Agrarbehörde

Tirol
07.03.2010 10:25
Hofrat Josef Guggenberger, Ex-Leiter der Tiroler Agrarbehörde, hatte es gewagt, für das Gesetz und gegen die Minderheit von Machtbauern in den Gemeinden zu entscheiden, die mit Hilfe von Gemeindeguts-Agrargemeinschaften der übrigen Bevölkerung Grund und Boden von unvorstellbarem Wert gestohlen hatten. Dafür wurde er von den Tiroler Machthabern bitter bestraft. Für viele Tiroler ist er aber ein kleiner Andreas Hofer.

"Krone": Bereuen Sie inzwischen Ihren Bescheid, der letztlich zur neuerlichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes führte, dass die Agrargemeinschafts-Gründe den Gemeinden gehören?
Guggenberger: Nein, ich habe damit nur den Weg bereitet, dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen. Meine Eltern würden sich im Grabe umdrehen, wenn ich in Kenntnis der Gesetzeslage nicht bei der Wahrheit und beim Rechtsstaat geblieben wäre. Außerdem habe ich als Beamter einen Eid auf die Einhaltung unserer Verfassung abgelegt.

"Krone": Wie sehen Sie jetzt die Situation, nachdem es ein neues Gesetz gibt?
Guggenberger: Ein guter Schritt, aber noch lange nicht die endgültige Lösung. Es bleibt etwa noch die Frage offen, ob die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes auch tatsächlich umgesetzt werden und den Gemeinden der ihnen entstandene riesige Schaden auch tatsächlich vollständig wieder gut gemacht wird.

"Krone": Laut Staatsanwaltschaft laufen nach Anzeigen bereits einige Verfahren. Sehen Sie rechtliche Gefahren für Ihre Ex-Kollegen, Bürgermeister oder Gemeinderäte?
Guggenberger: Das will ich gar nicht beurteilen, das müssen diese Leute mit sich und ihrem Gewissen ausmachen. Ich kann nur sagen, wenn ich nach eingehender Beschäftigung mit der Gesetzeslage anders gehandelt hätte, als ich es tat, hätte ich nach meinem Rechtsverständnis sowohl strafrechtliche als auch diziplinäre Folgen fürchten müssen. Schon 1982 stellte der Verfassungsgerichtshof eindeutig klar, dass die verfassungswidrige Behandlung des Gemeindegutes nicht fortgesetzt werden darf.

"Krone": Sehen Sie es auch so,wie ein Bürgermeister-Kandidat von Mieming, dass im Fall des Falles nicht die Gemeindevertreter sondern die Beamten des Landes die Konsequenzen für Fehler tragen müssten?
Guggenberger: Ich habe immer schon befürchtet, dass sich die Diskussion in diese Richtung entwickeln wird. So kann man sich nicht abputzen. Schwarzzahlungen in großem Umfang an Agrarmitglieder in Mieming werden so bestimmt nicht vom Tisch sein können. Heute kann sich kein Bürgermeister und kein Gemeinderat mehr darauf ausreden, dass er über die Gesetzeslage nicht genau Bescheid gewusst hätte. Bei ihnen liegt jetzt die große Verantwortung dafür, dass auch der weit überwiegende Teil der nichtprivilegierten Bevölkerung in den Gemeinden endlich auch das bekommt, was ihm immer schon zugestanden wäre.

"Krone": Sehen Sie durch diese Problematik negative Folgen für den gesamten Tiroler Bauernstand?
Guggenberger: Die wirklichen Landwirte, die nur ihren Bedarf an Wald und Weidenutzung am Gemeindegut im Auge hatten, haben nichts zu befürchten. Es wurde ja von allen Kritikern stets klargestellt, dass jene am Pranger stehen, die schon lange die Stalltüre zugemacht und sich unverschämt an fremdem Gut bereichert haben.

"Krone": Wie sehen Sie Ihre Lage und Zukunft?
Guggenberger: Fachlich hat mich der Verfassungsgerichtshof voll bestätigt. Der Preis für meinen Weg ist allerdings hoch. Ich wurde von Vertretern meines Dienstgebers auf kaum vorstellbare Art gedemüdigt, gebrochen und gesundheitlich ruiniert. Über die Folgen dieser Behandlung wird demnächst ein Gericht entscheiden, bei dem ich  eine Schadenersatzklage eingereicht habe.

von Werner Kriess, Tiroler Krone

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