"Scham und Trauer"

Bischöfe erarbeiten Regeln für Umgang mit Missbrauch

Österreich
05.03.2010 12:23
Die römisch-katholische Kirche hat nach Bekanntwerden jüngster Missbrauchsfälle an Minderjährigen Konsequenzen gezogen. Bei der Frühlingsvollversammlung in St. Pölten wurde von der Bischofskonferenz eine österreichweit einheitliche Regelung in Auftrag gegeben, berichtete Kardinal Christoph Schönborn am Freitag. Eine Projektgruppe soll dazu bis zum Sommer Vorschläge erarbeiten.

Basis für die österreichweite Regelung sollen bereits bestehende Richtlinien sein, wobei die in der Erzdiözese Wien geltenden Bestimmungen Vorbildcharakter hätten, so Schönborn. Zwar seien bereits vor 15 Jahren - seit dem Fall Groer - eine Reihe von Maßnahmen zum Umgang mit sexuellem Missbrauch getroffen worden. Diese gelte es aber zu verbessern - dabei etwa die österreichweite Vernetzung und Zusammenarbeit der diözesanen Ombudsstellen. Auch die Männer- und Frauenorden in Österreich sollen in deren Arbeit offiziell eingebunden werden.

Zur Förderung von Bewusstseinsbildung und Prävention zur Verhinderung sexuellen Missbrauchs soll es laut Erklärung der Bischöfe vor allem eine verstärkte Aus- und Fortbildung der kirchlichen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter geben. Um all diese Maßnahmen rasch und effektiv umsetzen zu können, hat die Bischofskonferenz eine Projektgruppe eingesetzt, die bis zur Sommervollversammlung der Bischofskonferenz im Juni ein detailliertes Gesamtkonzept auszuarbeiten hat. Dieser Gruppe gehörten Ombudsleute wie auch andere Experten an, so Schönborn.

"Täter wurden oft mehr geschützt als Opfer"
"Leider wurden in der Vergangenheit zu Unrecht in der Kirche die Täter oft mehr geschützt als die Opfer", gab Schönborn zu. Wörtlich heißt es in der Erklärung der Bischofskonferenz: "Mit Scham und Trauer stellen die Bischöfe fest, dass sich erst in den letzten Jahren in der Kirche in Österreich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass bei Missbrauchsvorwürfen nichts anderes zählt als die Wahrheit, die allein frei macht." Für sexuellen Missbrauch könne es nur Reue, die Bitte um Vergebung und das Bemühen um Heilung der Wunden geben. Dies gelte in besonderem Maß für die Kirche, an die zu Recht hohe ethische Ansprüche gestellt werden.

Schönborn wehrte sich allerdings gegen "Pauschalverdächtigungen" von Priestern und Mitarbeitern der Kirche. "Sexueller Missbrauch ist eine dunkle Seite der ganzen Gesellschaft." Auch den Vorwurf, es gebe keine wirklichen Konsequenzen für die Täter bei sexuellem Missbrauch, lässt der Kardinal nicht gelten. So könne ein Verfahren vor der Glaubenskongregation in Rom bis zur Rückführung in den Laienstand führen, was eben erst in dieser Woche bei einem österreichischen Priester geschehen sei. Allerdings gelte auch in der römisch-katholischen Kirche wie in der übrigen Gesellschaft die Unschuldsvermutung.

Drastisches Lukas-Evangelium-Zitat als Leitlinie
Dass es die Bischofskonferenz ernst meint, was die Konsequenzen bei sexuellem Missbrauch betrifft, zeigt ein drastisches Zitat aus dem Lukas-Evangelium, dass am Anfang der Erklärung steht. Dort sagt Jesus: "Es ist unvermeidlich, dass Ärgernisse kommen. Aber wehe dem, der sie verschuldet. Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen, als dass er einen von diesen Kleinen zum Bösen verführt. Seht euch vor!" Schönborn versicherte aber, dass die Bischöfe nun nicht für die Todesstrafe eintreten würden.

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