"Sind Sie blöd?"

Uni-Besetzer empfangen Karl mit Beschimpfungen

Wien
05.03.2010 08:08
Ein rauer Wind samt Beschimpfungen ist Wissenschaftsministerin Beatrix Karl am Donnerstagnachmittag bei ihrem ersten Treffen mit den ehemaligen Hörsaalbesetzern in Wien entgegengeschlagen. Die als "akademische Fragestunde" angekündigte Diskussion in der Akademie der Bildenden Künste nutzten einige Studenten eher als "Schreitherapie". Ein inhaltliches Vorankommen in der Hochschuldebatte gab es nicht.

Begrüßt wurde die Ministerin, die sich im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Johannes Hahn zu einem direkten Kontakt mit den Ex-Besetzern bereit erklärt hatte, mit Buh-Rufen und Pfiffen von den rund 350 Teilnehmern der Veranstaltung. Und der Ton wurde im Laufe der Diskussion nicht freundlicher...

Karls Meldungen wurden immer wieder von Zwischenrufen gestört, die Vertreter der Protestbewegung fühlten sich offensichtlich nicht ernst genommen. "Sind Sie blöd, nehmen Sie uns nicht ernst oder sind Sie zu inkompetent, um auf diesem Niveau zu diskutieren?", rief etwa einer der Studenten - unter Applaus seiner Kollegen. "Wann treten Sie zurück?" und "Rücktritt! Rücktritt! Rücktritt!" hieß es zudem.

Standpunkte prallen aufeinander
Ansonsten prallten die bekannten Standpunkte der Ministerin und der Studierenden aufeinander. Karl versuchte zu beschwichtigen, gestand beim von den Studenten heftigst kritisierten Bologna-Modell gewisse Fehler ein. Sie wolle die Bedingungen der Studenten verbessern und die Drop-Out-Quoten senken. "Studienbeiträge" hält die Ministerin nach wie vor für sinnvoll, aber nicht durchsetzbar.

Vehement trat Karl gegen die sogenannten Numerus-Clausus-Flüchtlinge auf. Sie habe in Deutschland studiert und nichts gegen die Nachbarn. Aber sie habe etwas gegen Studenten, die nach Österreich kommen, weil sie zu Hause keinen Studienplatz finden.

Karl will Hochschuldialog aufrechterhalten
Den Hochschuldialog, den Ex-Wissenschaftsminister Johannes Hahn infolge der Studentenproteste initiiert hatte, will Karl nicht aufgeben. Die Ergebnisse wären "wichtige Empfehlungen für ihr weiteres politisches Handeln", betonte sie. Sie habe auch vor, das Parlament einzubinden. ÖH-Chefin Sigrid Maurer warf Karl vor, dass ihr Ministerium keinerlei Visionen habe, die Studenten würden die gesamte Arbeit erledigen. Sie erwog genauso wie Martina Pfingstl, Senatsvorsitzende an der Akademie der Bildenden Künste, aus dem Dialog auszusteigen.

Die Ministerin selbst hatte im Vorfeld der Diskussionsrunde mit ihrer Ankündigung, über Zugangsbeschränkungen durch Eignungstests in allen Studienfächern nachdenken zu wollen (siehe Infobox), die Emotionen hochgehen lassen. "Es scheint, dass die Ministerin an der Eskalationsspirale dreht", meinte Thomas Wallerberger von der ÖH. Sigrid Maurer kündigte einmal mehr Proteste an. Bei der Diskussion forderten die Studenten dann einen "Eignungstest für Wissenschaftsminister". Nach knapp zwei Stunden wurde die Diskussionsrunde beendet.

Bewegung hofft auf Auftrieb durch Bologna-Konferenz
Die Protestbewegung hatte unter dem Motto "Uni brennt" zwischen Mitte Oktober und Dezember Hörsäle an mehreren Unis besetzt und mehr Geld für Bildung gefordert. Über Weihnachten hatten die Studenten viele Mitstreiter verloren, im Vorfeld der Jubiläumskonferenz (11. und 12. März) zu zehn Jahren Bologna-Prozess (europaweite Vereinheitlichung des Hochschulwesens, Anm.) hoffen sie auf erneuten Zulauf. Bei der Diskussion hieß es, man werde so lange protestieren, "bis Bologna fällt".

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