Christchurch, Breivik

Die düsteren Welten der neuen Rechtsextremisten

Ausland
15.03.2019 15:05

Nach dem Terroranschlag auf zwei Moscheen in Neuseeland mit bislang 49 Toten werden immer mehr Hintergründe über den mutmaßlichen Täter Brenton Tarrant (28) bekannt. In seinem Manifest, in dem sich der Australier zu den Gräueltaten bekennt, gibt er zu, rassistisch, islamophob und ausländerfeindlich zu sein - genau wie sein Vorbild, der norwegische Massenmörder Anders Breivik. Sein Ziel: Nachahmer zu weiteren Anschlägen zu motivieren und Muslime davor abzuschrecken, sich in westlichen Ländern niederzulassen, wie ein Terrorexperte erklärt. Indessen wurde auch bekannt, dass Tarrant in den Jahren 2016 und 2018 mehrere Balkanländer, darunter Bulgarien, Ungarn, Rumänien und Serbien, besucht und sich an historischen Orten aufgehalten hat.

Was geht in einem Menschen vor, der jahrelang Terroranschläge plant und dann seelenruhig Dutzende wehrlose Menschen regelrecht abschlachtet? Der Terror-Experte Peter R. Neumann analysierte für „Bild“ das Manifest des Killers nach dem Blutbad in Neuseeland. „Er sieht muslimische Einwanderer als Invasoren, die die westliche Gesellschaft von innen heraus versuchen zu zerstören“, erklärt Neumann.

„Er will betonen, dass er in der Tradition von Breivik steht“
Der Experte erklärt diese Sichtweise mit einer rechtsextremen Verschwörungstheorie, die sich „Der große Austausch“ nennt - so betitelte Tarrant auch sein Manifest. „Dahinter steckt, dass die europäische indigene Bevölkerung aufgrund von Masseneinwanderung durch Muslime ausgetauscht wird“, so Neumann zu „Bild“.

Dass der Australier wirklich Kontakt zu Anders Breivik hatte, der 2011 77 Menschen in Oslo und der Insel Utoya tötete, glaubt der Experte aber nicht. „Ich vermute, er will sich dadurch selbst erhöhen, hat ihm vielleicht einen Brief geschrieben, aber es gab vermutlich keine aktive Kommunikation. Er will betonen, dass er in der Tradition von Breivik steht“, vermutet Neumann. Auch Breiviks Anwalt glaubt nicht, das die beiden Kontakt hatten. Aufgrund der strengen Sicherheitsmaßnahmen im Gefängnis sei dies eher „unwahrscheinlich“.

Rechtsextreme Subkultur radikalisiert sich im Internet
Auch die Organisation „Tempelritter“, die in dem Manifest erwähnt wird, sei vermutlich nur eine Erfindung, die die Idee von westlichen Kreuzzügen gegen den Islam bei Rechtsextremen verbreiten soll. Tarrant sei vermutlich in der rechten medialen Subkultur verankert: „Das sind nicht die Neonazis auf der Straße“, weiß der Terrorexperte.

Terrorist kündigte Tat mit Bildern auf Twitter an
Auf dem - mittlerweile gelöschten - Twitter-Account des Australiers postete er seine Ausrüstungen, die mit „Widmungen“ und Nazi-Symbolen versehen sind. Die Bilder seiner Mordwerkzeuge twitterte Tarrant nur wenige Tage vor dem Anschlag. So prangte der Schriftzug „Vienna 1683“ auf dem Trommelmagazin des australischen Killers - eine Anspielung auf die Zweite Wiener Türkenbelagerung. Es soll vermutlich den Erfolg der Europäer zeigen, die es schafften, die Bedrohung durch die Osmanen abzuwenden.

Nazi-Symbole als „Zierde“ für Mordausrüstung
Weiters prangt die „Schwarze Sonne“, ein Erkennungssymbol der rechtsextremen Szene, auf seinem Rucksack - es gilt als Ersatzsymbol für Hakenkreuz oder SS-Runen, die verboten sind. Elemente der beiden Zeichen findet man auch in der „Schwarzen Sonne“. Ein Keltenkreuz baumelt als Anhänger herab - auch dieses gilt als Nazi-Symbol und soll die Überlegenheit der weißen Rasse symbolisieren. In dieser Form wie auf dem Anhänger fällt es in Österreich unter das Verbotsgesetz.

Daneben gibt es zahlreiche „Widmungen“ auf den Waffen zu finden. David Lane ermordete in den 1980er-Jahren einen jüdischen Moderator und prägte den Satz: „Wir müssen die Existenz unseres Volkes sichern und eine Zukunft für unsere weißen Kinder.“ Da dieser - auch im englischen Original - 14 Wörter hat, spielt diese Zahl auf diesen Spruch an. Charles Martel war ein fränkischer Herrscher, der mit Siegen über Araber und Berber für Furore sorgte.

Ein weiterer Österreich-Bezug: Auch der Name Ernst Rüdiger von Starhemberg ist auf einem der beschmierten Magazine zu lesen. Der heimische Feldmarschall leitete die Verteidigung bei der Zweiten Wiener Türkenbelagerung Wiens und fand offenbar aus diesem Grund ebenfalls Erwähnung auf dem Tötungswerkzeug des Australiers.

Andere Attentäter wurden ebenfalls mit Schriftzügen geehrt: Luca Traini verletzte in Italien mit Schüssen aus einem Auto mehrere Afrikaner, darunter auch Asylwerber. Alexandre Bissonette verübte ein Attentat in Kanada in einer Moschee, wo er sechs Menschen mit Schüssen hinrichtete.

Schütze war auf dem Balkan unterwegs
Bulgarien ermittelt indessen, ob Tarrant Kontakte in dem Balkanland gehabt hat, da auf seinen Waffen Namen von Kämpfern gegen die Osmanen eingraviert seien. Tarrant habe im November 2018 Bulgarien als Tourist besucht und sich an historischen Orten aufgehalten, sagte Generalstaatsanwalt Sotir Zazarow am Freitagabend. Der Australier sei anschließend nach Rumänien und Ungarn weitergereist. Er habe nach den bulgarischen Erkenntnissen 2016 auch andere Balkanländer wie etwa Serbien besucht. Bulgarien prüfe nun, was für Kontakte der Mann in Bulgarien gehabt habe.

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