"Sind Sie blöd?"

Uni-Besetzer empfangen Karl mit Beschimpfungen

Österreich
04.03.2010 16:58
Ein rauer Wind samt Beschimpfungen ist Wissenschaftsministerin Beatrix Karl am Donnerstagnachmittag bei ihrem ersten Treffen mit den ehemaligen Hörsaalbesetzern entgegengeschlagen. Die als "akademische Fragestunde" angekündigte Diskussion in der Akademie der Bildenden Künste nutzten einige Studenten eher als "Schreitherapie". Ein inhaltliches Vorankommen in der Uni-Debatte gab es nicht. Im Gegenteil: Die ÖH erwägt einen Ausstieg aus dem Hochschuldialog.

Begrüßt wurde die Ministerin, die sich im Gegenzug zu ihrem Vorgänger Johannes Hahn zu einem direkten Kontakt mit den Ex-Besetzern bereit erklärt hatte, mit Buh-Rufen und Pfiffen von den rund 350 Teilnehmern der Veranstaltung. Und der Ton wurde im Laufe der Diskussion nicht freundlicher...

Karls Meldungen wurden immer wieder von Zwischenrufen und dem Geräusch quietschender Luftballons gestört. Die Vertreter der Protestbewegung fühlten sich offensichtlich nicht ernst genommen. "Sind Sie blöd, nehmen Sie uns nicht ernst oder sind Sie zu inkompetent, um auf diesem Niveau zu diskutieren?", rief einer der Studenten unter Applaus seiner Kollegen. "Wann treten Sie zurück?" und "Rücktritt! Rücktritt! Rücktritt!" hieß es.

Standpunkte prallen aufeinander
Bei der Diskussion prallten die bekannten Standpunkte der Ministerin und der Studierenden mit voller Wucht zusammen. Karl versuchte zu beschwichtigen, gestand beim von den Studenten heftigst kritisierten Bologna-Prozess (europaweite Vereinheitlichung des Hochschulwesens - mehr dazu in "Bologna-Prozess von A bis Z" in der Infobox) gewisse Fehler ein, die sie ausbügeln wolle. Sie wolle auch die Bedingungen der Studenten verbessern und die Drop-Out-Quoten senken. "Studienbeiträge" hält die Ministerin nach wie vor für sinnvoll, aber nicht durchsetzbar.

Vehement trat Karl gegen die sogenannten Numerus-Clausus-Flüchtlinge auf. Sie habe in Deutschland studiert und nichts gegen die Nachbarn. Aber sie habe etwas gegen Studenten, die nach Österreich kommen, weil sie zu Hause keinen Studienplatz finden.

Auf die Forderung der Studenten, die Lehre zu verbessern, kündigte Karl erneut eine Entrümpelung der Studienpläne an. Dafür würden derzeit Empfehlungen an die - eigentlich autonomen - Unis erarbeitet. Sollten diese nicht berücksichtigt werden, kann sich Karl auch vorstellen, "klare gesetzliche Richtlinien" festzulegen.

Aussicht auf Beschränkungen ließ Emotionen hochgehen
Die Ministerin selbst hatte im Vorfeld der Diskussionsrunde mit ihrer Ankündigung, über Zugangsbeschränkungen durch Eignungstests in allen Studienfächern nachdenken zu wollen, die Emotionen hochgehen lassen. Das Prädikat "Kindergarten" verlieh einer der Anwesenden dann Karls Vorschlag, dass Studenten in den derzeit nicht beschränkten Fächern vor der Inskription einen freiwilligen Eignungstest absolvieren sollen. Bei der Diskussion forderten die Studenten dann einen "Eignungstest für Wissenschaftsminister".

ÖH-Chefin Sigrid Maurer warf Karl vor, dass ihr Ministerium keinerlei Visionen habe, die Studenten müssten daher erneut die gesamte Arbeit erledigen. Sie erwog genauso wie Martina Pfingstl, Senatsvorsitzende an der Akademie der Bildenden Künste, aus dem von Hahn initierten Hochschul-Dialog auszusteigen.

Karl will die Gespräche hingegen nicht aufgeben. Die Ergebnisse wären "wichtige Empfehlungen für ihr weiteres politisches Handeln", betonte sie. Sie habe auch vor, das Parlament einzubinden.

Protestbewegung hofft auf Auftrieb durch Bologna-Konferenz
Die Protestbewegung hatte unter dem Motto "Uni brennt" zwischen Mitte Oktober und Dezember Hörsäle an mehreren Unis besetzt und mehr Geld für Bildung gefordert. Über Weihnachten hatten die Studenten viele Mitstreiter verloren, im Vorfeld der Jubiläumskonferenz (11. und 12. März) zu zehn Jahren Bologna-Prozess hoffen sie auf erneuten Zulauf. Bei der Diskussion hieß es, man werde so lange protestieren, "bis Bologna fällt".

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