Rede an Uni

Bundespräsident greift Rosenkranz frontal an

Österreich
04.03.2010 16:17
Bundespräsident Heinz Fischer hat sich erstmals in die Diskussion um die FPÖ-Hofburgkandidatin Barbara Rosenkranz eingeschaltet. Und zwar mit einem Frontalangriff: "Ich glaube, jemand, der sich zu dieser demokratischen Republik bekennt, kann das, was vorher in der Zeit des Nationalsozialismus und des Krieges passiert ist, weder gutheißen noch verherrlichen noch verharmlosen noch irgendwie relativieren", sagte Fischer. Das von Rosenkranz abgelehnte Verbotsgesetz sehe er als Teil eines Trennstriches, einer "Feuermauer" gegenüber der Nazi-Zeit.

Bei seiner Rede an der Klagenfurter Universität anlässlich einer Promotion mit Präsidentenehren hat der erneut kandidierende Bundespräsident seine Konkurrentin erstmals frontal angegriffen. Ohne allerdings den Namen Rosenkranz in den Mund zu nehmen, sagte Fischer bei einem Vortrag an der Universität Klagenfurt weiter: "Das sind klare Befunde, klare Sachverhalte, das ist Teil des Grundkonsenses unserer Zweiten Republik. Man muss Zeugnis ablegen, für die Geschichte unseres Landes", für das, was sich ereignet habe, im Guten und im Schlechten.

"Feuermauer" gegenüber Nazi-Zeit
Das 20. Jahrhundert sei reich an Beispielen dafür, erklärte Fischer. Er sei "stolz auf die Geschichte der Zweiten Republik und stolz auf den Weg, der aus den Trümmern der Nachkriegszeit", hin zu einem Land, das seinen Platz gefunden hat, geführt habe. "Ich fühle mich daher verpflichtet, einen klaren Trennstrich - eine Feuermauer - zu errichten, gegenüber dem, was vorher war", sagte Fischer.

Das Verbotsgesetz betrachte als Beitrag zu dieser Klarheit. "Es ist nicht so, dass es verboten wurde, eine harmlose Diskussion zu führen", so Fischer. Verboten worden seien die NSDAP, die SA, die SS und daran angelehnte Organisationen. Verboten sei auch die Neuerrichtung solcher Vereinigungen. Das dritte Verbot besage, dass man keine derartigen Handlungen setzen dürfe, und "das vierte Verbot bedeutet, dass man die Verbrechen, die während des Nationalsozialismus geschehen sind, nicht gutheißen oder verharmlosen darf."

Fischer-Äußerungen auch zu Benes-Dekreten
Auch zu einem anderen, oftmals von der FPÖ diskutierten Thema - den Benes-Dekreten im Nachbarland Tschechien -, äußerte sich Fischer am Donnerstag. In einer Grußbotschaft an die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich meinte der Präsident, er sehe in den Benes-Dekreten, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu Enteignung und Vertreibung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei führten, ein "schweres Unrecht".

Er betonte aber seine Sicht, nämlich dass die Dekrete nicht von anderen europäischen Staaten "legalisiert" worden sei. "Die Tatsache, dass vom tschechischen Staatspräsidenten (Vaclav Klaus, Anm.) als Voraussetzung für seine Unterschrift unter den Lissabon-Vertrag die Bedingung gestellt wurde, dass die Europäische Grundrechts-Charta in der Tschechischen Republik keine Gültigkeit erlangt, hat auf die Benes-Dekrete in Wahrheit keine Auswirkung", meinte der Bundespräsident. 

"Als österreichischer Bundespräsident werde ich mich weiterhin bemühen, an der Aufarbeitung dunkler Stunden unserer Geschichte mitzuarbeiten und dafür einzutreten, dass die Menschenrechte sowohl innerhalb der Grenzen unseres Landes als auch jenseits der Grenzen unseres Landes respektiert und hochgehalten werden", schrieb Fischer laut dem Sudetendeutschen Pressedienst anlässlich des Gedenkens an den 4. März 1919, als bei friedlichen Demonstrationen in der Tschechoslowakei für das Selbstbestimmungsrecht und den Verbleib bei Österreich 54 Menschen erschossen wurden.

FPÖ-Vertriebenensprecherin Anneliese Kitzmüller wertete die Grußbotschaft an die Sudetendeutsche Landsmannschaft "bestenfalls als Ausdruck seiner Nervosität, im Wahlkampf mit Barbara Rosenkranz zu klassifizieren". "Wenn er es ehrlich meint, dann rufe ich den Bundespräsidenten auf, seinen Worten auch Taten folgen zu lassen und Druck auf seinen tschechischem Amtskollegen Vaclav Klaus auszuüben, der ja nach wie vor als einer der größten Verteidiger der Unrechtsnormen auftritt", meinte Kitzmüller.

Politikberater: "Rosenkranz könnte Fischer nützen"
Der österreichische Politikberater Thomas Hofer meinte indes in einer ersten Analyse der Kandidatensituation bei der Bundespräsidentenwahl, dass das Antreten Rosenkranz' dem amtierenden Präsidenten nützen könnte. Fischers größtes Problem sei die Mobilisierung, und diese könnte durch Rosenkranz verstärkt werden, da mögliche Nichtwähler, die den jüngsten Äußerungen der FPÖ-Politikerin ablehnend gegenüberstehen, mit einer Stimme für Fischer nun vielleicht ein Zeichen setzen wollen.

Die aktuelle Diskussion um das Verbotsgesetz könne ihr außerdem in den von der FPÖ anvisierten bürgerlichen Schichten schaden, meint Hofer weiters. Diese würden zwar nicht in Scharen zu Fischer laufen, die Diskussion sei aber auch hier ein Argument für jene, die ein Zeichen setzen wollen. Wenn Fischer diese zudem nützt und Emotion hineinbringe - etwa mit einem klaren Bekenntnis Richtung NS-Verbotsgesetz -, könnte ihm das Stimmen bringen. Außerdem sei Rosenkranz wegen ihrer scharfen Anti-EU-Linie "nicht die ideale Kandidatin" für ÖVP-Wähler, die bekanntermaßen eine hohe EU-Zustimmung aufweisen. Die Teilbereiche, die die Niederösterreicherin vertritt, wie wertkonservativ und traditionsbewusst, würden nur einen kleinen Teil der ÖVP-Wählerschaft abdecken.

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