Hofburg-Rennen

Verbotsgesetz: Rosenkranz wehrt sich gegen Vorwurf

Österreich
04.03.2010 18:45
Bundespräsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz von der FPÖ bestreitet, die Abschaffung des NS-Verbotsgesetzes zu fordern. Entsprechende Meldungen wies sie am Donnerstag als "irreführend und falsch" zurück. Vielmehr habe sie auf Nachfrage festgestellt, dass die Teile des Gesetzes, die Meinungsäußerungen beträfen, dem Recht auf Meinungsfreiheit widersprechen würden.

Ähnlich argumentierte FPÖ-Vizebundesparteiobmann Norbert Hofer. Er ortete eine "beispiellose Menschenhatz" auf die Kandidatin und ihre Familie und bezweifelte, dass das Verbotsgesetz und die rechtstheoretische Diskussion darüber den Menschen in Österreich wirklich unter den Nägeln brenne.

Zuvor hatte der Wiener Rechtsanwalt Georg Zanger bekannt gegeben, dass er gegen Rosenkranz eine Strafanzeige eingebracht habe. Er sei der Ansicht, dass ihre jüngst geäußerte "Ablehnung des NS-Verbotsgesetzes" eine "Vorbereitungshandlung zur Wiederbetätigung" darstelle. Es sei "offensichtlich, dass Frau Rosenkranz damit spekuliert, dass durch ihre Forderung die Sinnhaftigkeit der Verfolgung neonazistischer Wiederbetätigung infrage gestellt werden soll", so Zanger. Seine Anzeige bezieht sich auf Interview-Aussagen Rosenkranz' in den letzten Tagen - krone.at berichtete.

Hofer kündigt Gegenanzeige gegen Zanger an
Norbert Hofer kündigte eine Gegenanzeige an: "Der freiheitliche Klub wird gegen Zanger eine Disziplinaranzeige bei der Rechtsanwaltskammer einbringen, da es mit dem Berufsbild eines Rechtsanwaltes unvereinbar ist, unbescholtene Bürger mit juristisch unhaltbaren Vorwürfen anzupatzen, nur um sich selbst ins mediale Licht zu rücken", so der FP-Mandatar. "Die unhaltbaren und absurden Anwürfe auf die zukünftige Mutter der Nation werden Rosenkranz helfen, einen Erfolg einzufahren", meinte Hofer.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl kündigte auch noch eine Verleumdungsklage gegen Zanger an. Die Abschaffung oder Änderung eines Gesetzes, und zwar auch des Verbotsgesetzes, zu diskutieren, könne in einer Demokratie nicht im Zusammenhang mit Wiederbetätigung stehen, meint Kickl. Daher sei davon auszugehen, dass Zanger Rosenkranz wissentlich verleumde.

"Vorbereitungshandlung zur Wiederbetätigung"
Rosenkranz' Forderung nach Abschaffung des Verbotsgesetzes sei "ein Begehren, das eine zentrale Forderung der extrem rechten Szene darstellt", heißt es in der Sachverhaltsdarstellung Zangers an die Staatsanwaltschaft Wien. Zanger argumentiert darin weiters, dass eine Ablehnung oder Forderung nach Abschaffung des Verbotsgesetzes als Akt der Wiederbetätigung, zumindest aber als "Vorbereitungshandlung" angesehen werden müsse.

Daran ändere es auch nichts, dass sich Rosenkranz auf die Meinungsfreiheit beruft, da auch die Proponenten der sogenannten Auschwitz-Lüge sich auf ihre "Verfassungsfreiheiten" berufen hätten, ungeachtet dessen aber strafrechtlich verurteilt wurden, "weil nach Meinung des OGH und der einschlägigen Rechtsmeinung in Österreich, die Freiheit dort ihre Grenzen hat, wo sie gegen Normen des Verbotsgesetzes verstößt".

Zanger sieht Verbindung zu Honsik-Urteil
Zanger ist ein profilierter Rechtsanwalt, der u.a. in den aufsehenerregenden Fällen Luca und Omofuma aufgetreten war und derzeit beim Streit um die genderneutrale Bundeshymne den Sessler-Verlag vertritt. Gegenüber der Austria Presseagentur stellte er am Donnerstag auch die Vermutung an, dass die Aussagen Rosenkranz' in Zusammenhang mit dem Urteil gegen den Holocaust-Leugner Gerd Honsik stehen. Ein Berufungssenat hatte eben erst dessen ursprünglich verhängte fünfjährige Freiheitsstrafe auf vier Jahre reduziert.

Honsik war - wie Rosenkranz' Ehemann Horst Jakob - in der 1990 von der NR-Wahl wegen Wiederbetätigung ausgeschlossenen Partei "Nein zur Ausländerflut" tätig. Die Diskussion über ihre Forderung wolle Rosenkranz offenbar dazu nutzen, um ihren Gesinnungsgenossen einen thematischen Freiraum zu bieten, um sich unter dem Deckmantel der "Redefreiheit und Pressefreiheit" revisionistisch zu betätigen, meint Zanger.

Scharfe Wortgefechte zwischen FPÖ und ÖVP
Am Mittwochabend haben sich nach SPÖ und Grünen auch ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger ("Sie ist nicht bürgerlich") und Seniorenbund-Obmann Andreas Khol ("Kandidatur nicht akzeptabel") mit scharfer Kritik an Rosenkranz zu Wort gemeldet. Die FPÖ reagierte mit Presseaussendungen: "Wer hat Khol daran gehindert, selbst zu kandidieren?", fragte der freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl. Khol sei einer von jenen, deren politische Möchtegern-Sternstunden immer dann schlagen würden, wenn sie in Wahrheit schon längst nichts mehr zu reden hätten.

Kurt Scheuch, Klubobmann der Freiheitlichen in Kärnten - die FPK unterstützt Rosenkranz -, meinte: "Die ÖVP ist an Scheinheiligkeit wohl nicht mehr zu überbieten. Selbst unfähig, einen eigenen Kandidaten zu stellen, und sich klar gegen die einzige Alternative zu Fischer, Barbara Rosenkranz, auszusprechen, lässt nicht nur tief blicken, sondern ist auch demokratiepolitisch bedenklich."

BZÖ-Obmann Josef Bucher wollte indes die Haltung der FPÖ-Politikerin zur Abschaffung des NS-Verbotsgesetzes gar nicht kommentieren. "Die Aussage richtet sich selbst", erklärte er am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz. Er selbst habe nichts mit "rechten Recken" am Hut, dies passe nicht ins Bild der Zukunft, betonte der BZÖ-Chef.

Zentralrat: "Österreich hat bedauerliche Führungsrolle"
Die Aussagen Rosenkranz' haben am Donnerstag sogar für eine Reaktion aus Deutschland gesorgt: Die FPÖ-Kandidatin sei "kein Betriebsunfall", sondern ein weiteres Beispiel für den "erschreckenden Rechtsruck" in ganz Europa - "Österreich liegt hier offensichtlich im Trend", meinte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer. Dieses Problem sei zwar in ganz Europa verbreitet, auch in Deutschland, betonte Kramer. Österreich habe jedoch eine "bedauerliche Führungsrolle", denn schon Jörg Haider sei "eine Integrationsfigur für die Rechten über die österreichischen Grenzen hinaus gewesen", so Kramer. Diese "unschöne Rolle" des Landes setze sich wohl fort.

Kramer fordert, eine politische Auseinandersetzung zu führen, um rechtsextreme Argumente zu entkräften. Es sei zwar der schwierigere Weg, "sich mit diesem Unsinn auseinanderzusetzen", das Thema unter den Tisch zu kehren, habe aber auch keinen Sinn und verhelfe den Rechten nur zu einer Märtyrerrolle. "Wenn man das Feld nicht bearbeitet, wächst das Unkraut", so Kramer.

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