Nach Arbeitsverbot

Grün-Politiker: „Keiner ist in der Türkei sicher“

Ausland
11.03.2019 16:07

Nach dem Arbeitsverbot für mehrere deutsche Journalisten in der Türkei haben sich die Forderungen nach konkreten Konsequenzen gemehrt. Der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir warnte indirekt vor Türkei-Reisen: „Keiner ist in der Türkei sicher, weder Deutsche noch Nichtdeutsche“, sagte der Bundestagsabgeordnete. 

Özdemir äußerte sich im Deutschlandfunk, nachdem die türkischen Behörden den Türkei-Korrespondenten von ZDF und „Tagesspiegel“ die Akkreditierung entzogen hatten. Beide kehrten am Sonntag nach Deutschland zurück, da sie mit der Akkreditierung auch ihre Aufenthaltserlaubnis verloren. Ebenfalls die Akkreditierung verweigert wurde einem NDR-Korrespondenten. Zahlreiche weitere europäische Journalisten in der Türkei warten noch auf eine Entscheidung der Behörden.

Innenpolitische Gründe für Vorgehen vermutet
Der Grünen-Politiker vermutete politische Erwägungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan hinter der Entscheidung. Özdemir bezeichnete die Türkei als „Willkürstaat“. Die Kommunalwahlen Ende März verhießen nichts Gutes für den türkischen Präsidenten, sagte er. Daher brauche er eine innen- und außenpolitische Eskalation.

Regierungskritiker: Türkei will Urlauber verhaften
Aus der Türkei hatte es zuvor auch Drohungen mit Festnahmen von Deutschen gegeben, wenn diese sich beispielsweise an der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder anderen „Terrororganisationen“ zugeschriebenen Kundgebungen beteiligten.

„Alle Journalisten müssen Arbeit frei ausüben können“
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Bundesregierung nehme das Vorgehen der Türkei „mit Bedauern und auch mit Unverständnis“ zur Kenntnis. Er forderte, „alle Journalisten müssen ihre Arbeit dort frei ausüben können“. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts kündigte an, das Thema solle gegenüber der Türkei weiter zur Sprache gebracht werden. Zu möglichen, konkreten Konsequenzen äußerten sich die Regierungsvertreter allerdings nicht. Die EU-Kommission forderte die Türkei ebenfalls auf, die Arbeit ausländischer Journalisten nicht zu behindern. Sie will die Fälle der beiden Journalisten am Freitag beim Assoziierungsrat mit der Türkei in Brüssel ansprechen.

Nur wirtschaftlicher und politischer Druck könne offenbar helfen, die Erosion von Grundrechten in der Türkei zu stoppen, erklärte die Vorsitzende der Gewerkschaft Deutsche Journalistenunion (dju) in Verdi, Tina Groll. „Journalismus ist kein Verbrechen. Diesen Grundsatz gilt es nicht nur in Worten, sondern auch in Taten zu verteidigen“, forderte sie an die Politik gewandt. Sonst werde diese dramatische Entwicklung immer weitergehen.

Der in Deutschland im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar rief die deutschen Medien auf, jetzt nicht zurückzuweichen, sondern gemeinsam Stellung zu beziehen. „Akkreditiert entweder uns alle, oder wir gehen alle gemeinsam“, müsse die Botschaft sein. Dündar erinnerte an die Zeit der Militärdiktatur in der Türkei, als 1980 die meisten ausländischen Türkei-Korrespondenten ihre Büros nach Athen verlegt hätten. Der Bundesregierung warf er vor, bisher „nur schwache Reaktionen“ gezeigt zu haben.

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