Faßmann hat „Klasse“

„Bis 3. Klasse Gymnasium war ich Vorzugsschüler“

Österreich
10.03.2019 07:00

Bildungsminister Heinz Faßmann zeigte in einer Wiener Mittelschule seine Qualitäten als „Lehrer“. Die Schüler, die nun um einige Geografie-Kenntnisse reicher sind, waren begeistert. Sein derzeitiges Steckenpferd ist aber der Ethikunterricht.

Dass Minister Faßmann (ÖVP) ob seiner Größe oft bestaunt wird, ist er schon gewohnt. So auch von den Schülerinnen und Schülern der 4b der Wiener Mittelschule Plankenmais, als er das Klassenzimmer betritt. Man merkt, der akademische Professor freut sich über die Einladung, hier eine Stunde abzuhalten. Und er ist gut vorbereitet - mit Overheadfolien, Mitbringseln und Spielideen zum Fach Geografie.

Die Kennenlernrunde wirft Fragen auf wie „Seit wann sind Sie Bundesminister?“ oder „Macht Ihnen Ihr Beruf Spaß?“ Heinz Faßmann antwortet ehrlich auf Letzteres: „Nicht immer, aber meistens schon. Doch euch wird es im Beruf vielleicht auch einmal so gehen. Es wird Tage geben, die sind anstrengend. Aber es ist schön, wenn man sagen kann, man hat etwas erreicht.“ Der gebürtige Düsseldorfer zeigt sich ebenso interessiert und stellt Gegenfragen wie „Und was möchtest du beruflich machen?“ - „Grafikdesigner“, kommt es wie aus der Pistole geschossen aus der zweiten Reihe.

Gern erinnert er sich an seine Volksschulzeit 
Seine Lehrerin war Faßmanns erste Förderin. Welches Fach er nicht so mochte? „Latein - das war zäh und eine Herausforderung. Bis zur dritten Klasse Gymnasium war ich ein Vorzugsschüler, dann ging es bergab, weil ich begonnen habe, aktiv Basketball zu spielen“, lacht der 63-Jährige. Vereinsname war Milde Sorte, bis immerhin Mitte 40 frönte er dem Basketballsport. Dann spielten seine Knie nicht mehr mit. Jetzt geht er lieber wandern und arbeitet in der Freizeit in seinem Garten südlich von Wien. Und bei der nächsten Frage nach seinem Lieblingsreiseziel - Kroatien - sind wir schon mitten in der Geografie-Stunde, einer gut vorbereiteten Unterrichtseinheit.

Ethikunterrricht „wichtiger Schritt“
In den Medien ließ der „Bildungsriese“ zuletzt mit der Umsetzung des Ethikunterrichts aufhorchen: Immer mehr Schüler melden sich vom Religionsunterricht ab - und haben so eine Freistunde. Schon lange gab es Überlegungen, ob nicht ein Ethikunterricht an Schulen ein sinnvoller Ersatz wäre. Die Ethik beschäftigt sich mit dem menschlichen Handeln und behandelt Fragen zu Moral, Werten und Tugenden. Beginnen will man ab 2020/21 mit Schülern ab der neunten Schulstufe. Schüler der AHS-Oberstufe und des Polytechnischen Lehrgangs kommen als Erste in den Genuss.

Das neue Fach soll schrittweise in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) sowie in der Unterstufe und auch für die Volksschüler kommen, sofern sie nicht in Religion unterrichtet werden. 1300 Lehrer werden gebraucht. Für sie - egal welchen Fachs - ist dafür eine Zusatzausbildung an einer Pädagogischen Hochschule oder Universität notwendig. Ethikunterricht gibt es bereits derzeit als Schulversuch. Dies sei ein wichtiger Schritt „in einer Gesellschaft, in der die normgebende Kraft der Kirche abnimmt, wo ich ein gemeinsames Fundament des Miteinanders brauche“, erklärte der Bildungsminister die Pläne.

Heftige Kritik, aber auch viel Zustimmung erntete er mit der Rückkehr zur Ziffernnote, die ab dem Zeugnis der zweiten Klasse erfolgen soll. Die Regierung will die verbale Beurteilung nur noch als Ergänzung erlauben.

Vor elf Jahren startete österreichweit der Schulversuch Neue Mittelschule, im Herbst 2012 wurde das Modell zur Regelschule. Die NMS ersetzte alle Hauptschulen samt Leistungsgruppen, die in den NMS untersagt waren. Die NMS sollte zu einer echten Gesamtschule werden, auch die Unterstufen der AHS sollten Mittelschulen werden. Faßmann will nun die Leistungsgruppen wieder einführen, auch wenn sie heute etwas anders heißen - nämlich „Leistungsniveaus“.

Einheitliche Schulreifekriterien fix
Geplant sind auch „Talente-Checks“ in der 3. und 7. Schulstufe, sogenannte Kompetenzmessungen - als Hilfe für die Lehrer, nicht als „Aufnahmsprüfung“ für die weitere Schullaufbahn. Und auch was die Jüngsten betrifft, gibt es eine Änderung: Fix sind nämlich einheitliche Schulreifekriterien, was ein Kind können muss, um an einer Volksschule aufgenommen zu werden. Denn bis dato fiel die Beurteilung von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich aus. In der Steiermark kommt etwa nur ein Prozent der Kinder wegen mangelnder Schulreife in eine Vorschulklasse, in Salzburg 24 Prozent.

Von den Schülern der Wiener Mittelschule Plankenmais gibt es für den „Bildungsriesen“ auf alle Fälle den Daumen hoch: „Die Stunde hat uns sehr gefallen, und der Minister hat viel Humor!“

Susanne Zita, Kronen Zeitung

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