Kolumne „Im Gespräch“

Missbrauch in Ehe: Liebe verletzt nicht, sie heilt

Leben
10.03.2019 08:00

„Ich dachte ständig an die Worte des Hochzeitsgottesdienstes: In guten und schlechten Zeiten“, erzählt Anna. 14 Jahre war sie mit einem Mann verheiratet, der sie kontrollierte, beleidigte und krankenhausreif prügelte. Sich aus der Gewaltbeziehung zu lösen war ein steiniger Weg.

Lange suchte Anna die Schuld bei sich: „Ich erlebte diese schlechten Zeiten, und ich war Teil der Krankheit, und irgendwie schien alles mein Fehler zu sein. Mir war nie der Gedanke gekommen, dass in einer christlichen Ehe Missbrauch herrschen könnte.“

Anna ist keine Ausnahme. Schätzungen zufolge wird eine von drei Frauen Opfer physischer oder sexueller Gewalt. Meist ist der Täter ein Familienmitglied oder Bekannter. Gewalt kommt in den besten Familien vor, geht quer durch Bildungsschichten, Einkommensgruppen, Kulturen und Kontinente.

„Donnerstags in Schwarz“
Über die Gewalt zu sprechen ist ein wichtiger Schritt, um die Gewaltspirale zu unterbrechen. Für die betroffenen Frauen – und für unsere Gesellschaft. Gewalt muss benannt und verurteilt werden. Überall, auch in unseren Kirchen und Pfarrgemeinden. Deswegen habe ich den Internationalen Frauentag am 8. März zum Anlass genommen, mich der Aktion „Donnerstags in Schwarz“ anzuschließen. Der Weltkirchenrat ruft dazu auf, am Donnerstag schwarze Kleidung zu tragen und einen Anstecker, um zu zeigen, dass man Gewalt nicht duldet.

Schuld liegt beim Täter, nicht beim Opfer
Dazu gehört auch, als Kirche klar und deutlich zu sagen: Die Schuld liegt beim Täter, nicht beim Opfer – und die unheilvolle Verquickung von Liebe und Gewalt aufzudecken. In einer Gewaltbeziehung gibt es „die guten und die schlechten Zeiten“: Liebevolle Zuwendung und Gewalt wechseln einander ab. Auf einen Gewaltausbruch folgen Reue, Entschuldigungen, Besserungsversprechen. Sie will glauben, dass er sich wirklich ändern kann – er ist doch ihr Mann, vielleicht der Vater ihrer Kinder. Also konzentriert sie sich auf die guten Zeiten – bis die schlechten wiederkommen und er zuschlägt.

Eintreten gegen Gewalt
„Die Liebe ist langmütig und freundlich, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie duldet alles.“ Das sei wahrscheinlich der Bibeltext, der bei Hochzeiten am öftesten zitiert wird, sagt die Vertreterin des Weltkirchenrats Lyn van Rooyen, manchmal auf gefährliche Art und Weise. „Als Menschen des Glaubens können wir nicht einfach sagen, dass Menschen in einer Beziehung, in der einer der Partner Gewalt gegen den anderen ausübt, alles ertragen, alles erhoffen, alles dulden sollten. Wir haben die Verantwortung, einzutreten gegen Gewalt.“

Gewalt ist keine schlechte Zeit, die um der guten Zeiten willen ertragen werden muss. Liebe und Gewalt gehören nicht zusammen. Liebe verletzt nicht, Liebe heilt.

Pfarrerin Maria Katharina Moser, Kronen Zeitung
maria.moser@evang.at

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(Bild: kmm)



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