Strafe war "zu viel"

Milde für Gerd Honsik: Nur mehr vier Jahre Haft

Österreich
01.03.2010 12:34
Dem Holocaust-Leugner Gerd Honsik ist am Montag im Wiener Justizpalast Milde zuteilgeworden. Ein Berufungssenat des Oberlandesgerichts (OLG) reduzierte die ursprünglich verhängte fünfjährige Freiheitsstrafe gegen den wegen Wiederbetätigung verurteilten Holocaust-Leugner auf vier Jahre. Dem vorsitzenden Richter Christian Dostal war die in erster Instanz ausgesprochene Strafe "zu viel", wie er in der Urteilsbegründung feststellte.

Sowohl Gerd Honsik als auch die Staatsanwaltschaft Wien hatten gegen das Geschworenenurteil vom April 2009 berufen. Während der Honsik um eine Strafreduktion und eine allfällige bedingte Strafnachsicht ersuchte, trat die Anklagebehörde bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren für eine Anhebung ein, indem sie unter anderem darauf verwies, Sympathisanten des Holocaust-Leugners hätten diesem mittels auf Fassaden hinterlassenen Graffiti ihre Unterstützung versichert.

Daraus die Notwendigkeit einer generalpräventiven Wirkung abzuleiten und die Strafe zu erhöhen, erschien dem Berufungsgericht verfehlt. "Da würden wir in Wien schon die ganze Zeit in Angst und Schrecken leben", meinte der Vorsitzende Christian Dostal im Hinblick auf diverse Schriftzüge im öffentlichen Raum.

Richter:"Schreiben Sie Tagebücher!"
Dostahl empfahl Honsik, der sich während der Verhandlung nicht geäußert hatte, zukünftig nur mehr für die Schublade zu schreiben. Auf die publizistischen Ergüsse des Revisionisten anspielend, bemerkte der Richter: "Sie haben sich Ihr ganzes Leben mit diesen Dingen beschäftigt. Ob Sie damit Ihre Lebensqualität verbessert haben, weiß ich nicht. Ich würde mich freuen, Sie hier nicht mehr zu sehen. Schreiben Sie Tagebücher! Geben Sie diese niemandem zum Anschauen. Schreiben Sie nix, was herausgeht."

Flucht nach Urteil wegen Wiederbetätigung
Honsik war bereits im Jahr 1992 auf Basis seines Buchs "Freispruch für Hitler?" von Wiener Geschworenen wegen Wiederbetätigung zu eineinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Statt die Strafe anzutreten, setzte er sich während des offenen Rechtsmittelverfahrens nach Spanien ab.

Dort blieb er 15 Jahre unbehelligt und festigte weiter seinen Ruf als führender Publizist der rechten Szene, indem er in seiner Zeitschrift "Halt!" weiter nationalsozialistisches Gedankengut verbreitete. Im August 2007 wurde er mit europäischem Haftbefehl bei Malaga festgenommen, ausgeliefert und - nach Verbüßung seiner offenen Strafe - für sein "Wirken" in Spanien neuerlich angeklagt, wobei sich der Tatzeitraum auf die Jahre 1987 bis 2003 erstreckte.

Während sich Oberstaatsanwalt Georg Karesch nun im Justizpalast "einen endgültigen Schlussstrich in der Akte Honsik" wünschte, wunderte sich dessen aktueller Verteidiger Werner Tomanek über das grundsätzliche Interesse der Strafjustiz an seinem Mandanten.

"Keinen messbaren Erfolg außer Strafprozesse en masse"
An ihm als "alphabetisierter österreichischer Staatsbürger" sei "der Herr Honsik und seine Gefährlichkeit spurlos vorübergegangen", sagte Tomanek. Die inkriminierte Zeitschrift bezeichnete der Anwalt als "Blättchen" bzw. "Postille, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat" (sie wurde in einer Auflage von 5.000 Stück verbreitet, Anm.). Honsik habe "nichts getan, was mir als Strafrechtler kriminalistisch relevant erscheinen würde".

Honsiks Publikationen hätten außerdem "keinen messbaren Erfolg außer Strafprozesse en masse" gehabt, meinte der Verteidiger: "Er hat kein Gefolge". Der Papst könne doch auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden, "wenn ein irischer Katholik eine Polizeistation in die Luft sprengt", so Tomanek.

Bekannte Gesichter aus rechter Szene anwesend
Für das Leugnen des Holocaust eine fünfjährige Freiheitsstrafe zu verhängen, fand der Verteidiger überzogen: "Wenn jemand behauptet, in der Französischen Revolution habe es keine Guillotine gegeben, würde niemand auf die Idee kommen, derart drastische Strafgesetze zu installieren."

Die anwaltliche Behauptung, Honsik habe keine Gefolgsmänner, schien sich spätestens nach Schluss der Verhandlung zu widerlegen, als der mittlerweile 68-Jährige von der Justizwache abgeführt wurde. "Gerd, durchhalten!" wurde diesem aufmunternd nachgerufen. Dem Rechtsmittelverfahren hatten einige bekannte Gesichter aus rechten Szene beigewohnt.

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