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Weltstar Grubinger über Gabalier und Haider

Salzburg
03.03.2019 17:52

Aufeinander zugehen, respektvoll sein und auch andere Meinungen gelten lassen - das fordert „Krone“-Kolumnist Martin Grubinger. Lesen Sie selbst!

Vor gut zehn Jahren habe ich einen Fehler gemacht. Aus Ärger über die Politik des damaligen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider habe ich aus Protest ein Konzert in Villach abgesagt. Ich hatte damals, vermutlich aufgrund meiner jugendlichen Sturköpfigkeit, nicht verstanden, dass ein gemeinsames Gespräch viel sinnvoller gewesen wäre.

Heute versuche ich im Umfeld meiner Konzerte mit meinem Publikum ins Gespräch zu kommen, kann andere Meinungen zulassen und schätze hart, aber fair geführte Debatten. Denn nichts eignet sich besser als über die Liebe und Leidenschaft zur Musik ins Gespräch zu kommen.

Derzeit führen wir in Österreich fast nur noch unversöhnliche Diskussionen, die sich immer wieder auch auf dem Feld der Musik abspielen. Obwohl die Vielfalt der Musik doch eine große Tradition in Österreich hat und auch immer eine gemeinsame Sprache für uns dargestellt hat.

Von manchen Politikern der FPÖ werden Künstlerkollegen leider immer wieder als Staatskünstler bezeichnet. Man unterstellt, dass diese Künstler kein Recht auf eine eigene Meinung hätten, da sie teilweise oder ganz auf öffentliche Gelder angewiesen seien. Unsere Musiker und Künstler leisten in Österreich einen außergewöhnlichen Beitrag. Da geht es um unser Lebensgefühl und die Ideen, die durch unsere Musik hör- und fühlbar werden. Und das erzeugt wieder die Kraft, die uns als Land im Herzen Europas weiterbringt.

Kunst und Kultur sind für uns Österreicher nicht nur ein starkes und verbindendes Element, sondern auch ein starker Motor für die heimischen Betriebe und deren Arbeitsplätze. Wir wissen das nur allzugut und so selbstbewusst dürfen wir Künstler auch sein.

Unsere Musiklandschaft ist bunt und vielfältig. Musik, Kunst und Kultur sind die Markenzeichen unseres Landes. Jedes Jahr kommen Menschen aus der ganzen Welt, um dieses Lebensgefühl hier bei uns zu spüren. Sie kommen zu den Festivals in Bregenz und Salzburg genauso wie gleichzeitig mehr als 50.000 (!) meist Jugendliche zum Woodstock der Blasmusik ins oberösterreichische Innviertel. Sie genießen den Landler auf der Alm, das Rockkonzert in der Stadthalle, die Oper in Salzburg, die Blasmusik beim sonntäglichen Frühschoppen oder auch den Volks Rock’n Roller Gabalier auf der Schladminger Planai.

Wieso aber können wir dazu über Inhalt und Form der gezeigten musikalischen Leistungen nicht einfach offen debattieren? Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Manche Äußerungen von Andreas Gabalier auf und abseits der Bühne gefallen mir nicht, manches empfinde ich auch als verletzend.

Statt uns aber abzuwenden, wie ich es damals in Kärnten von Jörg Haider tat, könnten wir respektvoll miteinander reden. Andere Meinungen gelten zu lassen - und musikalisch sagen, was ist. Verweigerung auf beiden Seiten hilft nur jenen, die ein Gemeinsam gar nicht erst wollen. Unsere Geschichte beweist, dass uns das nie gut getan hat.

Vielleicht können gerade wir Künstler einen wichtigen Beitrag leisten, der für viele andere Gruppen unserer Gesellschaft oft nicht möglich ist. Wir sollten zuallererst zuhören - ohne Vorurteile, aber auch ohne eigene Standpunkte und Prinzipien über Bord zu werfen! Überzeugung leisten, für unsere Ideen werben, für unsere Standpunkte einstehen, idealistisch sein und gleichzeitig auch wunderbar naiv bleiben.

Laufen die meisten Diskussionen nicht völlig vorhersehbar ab, je nachdem von welcher Seite man Applaus erwartet? Wir gegen die anderen - wir gegen die Staatskünstler, gegen Gabalier und seine Fans?

Wenn wir die Meinungen der anderen gelten lassen, muss dabei keiner über die für ein Zusammenleben hinausgehende Anpassungsfähigkeit biegsam sein. Bleiben wir geradlinig, aber im Gespräch!

Seit einiger Zeit habe ich jedoch mehr und mehr den Eindruck, dass sich in unserem Land eine Unversöhnlichkeit breit macht. Mit Gemeinheiten, gegenseitigen Beleidigungen oder den sogenannten Shitstorms in den sozialen Medien. Wohin soll das denn am Ende führen? Wir haben es selbst in der Hand und können es selbst gestalten. So wie das in der Musik geht, ginge das auch in der Politik und im täglichen Miteinander.

Ihr Martin Grubinger

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