Täter ausgeforscht

Anleger europaweit um Hunderte Millionen betrogen

Digital
26.02.2019 11:55

In einer europaweiten Aktion ist eine Tätergruppe zerschlagen worden, die über Online-Trading-Plattformen mehrere Tausend Personen um rund 100 Millionen Euro pro Jahr geschädigt haben soll. Wie hoch der Schaden in Österreich ist und wie viele Betroffene es gibt, ist noch unklar, erklärte das Bundeskriminalamt in Wien am Dienstag. Beim Betrug ging es um sogenannte binäre Optionen, Forex und Kryptowährungen.

Bereits seit September 2017 wird vom Büro Finanzermittlungen des Bundeskriminalamtes (BK) gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Niederösterreich unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Feldkirch gegen die internationale Tätergruppierung ermittelt. Diese hatte die Opfer vor allem über soziale Netzwerke, Anrufe aus eigens geschaffenen Callcentern oder Massenmails angeworben.

Den Betroffenen wurde eingeredet, dass bei den Transaktionen kaum Risiko bestehe und ab einem gewissen Investment Versicherungen gegen einen Kapitalverlust in Kraft treten würden. Nach den ersten Einzahlungen wuchs das virtuelle Depot auf der Plattform durch mehrere gewonnene Transaktionen rasant an. Den Kunden wurde jedoch eine Auszahlung der Rendite ausgeredet, beziehungsweise wurden sie nach inszeniertem Totalverlust zu neuen Einzahlungen verleitet, um den erlittenen Verlust wieder auszugleichen.

Totalverlust des Kapitals
Verschwiegen wurde, dass sich die Gelder zu diesem Zeitpunkt bereits in einem aus Tarn- und Scheinfirmen bestehenden, aufwendig konstruierten Geldwäschereinetzwerk befanden. Guthaben wurden nicht ausbezahlt, sondern als Verlust ohne Legitimierung des Accountinhabers durchgeführt. All dies führte unweigerlich zum Totalverlust des Kapitals. Hinweise auf Rücklagen für tatsächliche Gewinnauszahlungen konnten im gesamten Ermittlungsverfahren keine gefunden werden.

Die Plattformen wurden mit einer Software betrieben, die nicht nur die Kundenverwaltung ermöglichte, sondern auch die Kurse im Sinne der Betrüger beeinflusste, so das Bundeskriminalamt. Diese Programme wurden durch Firmen im Besitz der Täter entwickelt und sogar an andere Interessenten für kriminelle Machenschaften weiterverkauft.

Enge Zusammenarbeit mit Deutschland
Nachdem das Landeskriminalamt Niederösterreich die Spur aufgenommen hatte, kam es nach einem Abgleich mit dem Büro Finanzermittlungen des Bundeskriminalamts zu einer intensiven Zusammenarbeit mit dem deutschen Landespolizeipräsidium Saarland. Schlussendlich führte das zur Gründung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe, eines „Joint Investigation Teams“ (JIT), durch die zuständigen Staatsanwaltschaften Feldkirch und Saarbrücken. Dieses JIT wurde zudem durch die nationalen Vertreter bei Eurojust und Europol unterstützt. Über die österreichischen Verbindungsbeamten wurden Kontakte zu den Behörden in Bulgarien und der Tschechischen Republik hergestellt, wo wesentliche Teile der Infrastruktur wie Call Center, Softwareentwicklung und Firmenkonten angesiedelt waren.

Schließlich schlugen die Ermittler in Abstimmung mit Deutschland zu: Dem ins Netz gegangenen Teil der Gruppierung wird der Betrieb der Tradingplattformen XTraderFX, Optionstars, OptionstarsGlobal, Goldenmarkets, SafeMarkets, Cryptopoint und einiger weiterer zugerechnet. Allein über diese Seiten wurde ein Umsatz von zumindest 66 Millionen erwirtschaftet, wobei etwa elf Millionen auf Einzahlungen aus Deutschland und Österreich entfallen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich diese Summen nach genauer Auswertung der sichergestellten Daten noch um ein Vielfaches erhöhen.

Hauptverdächtiger in Auslieferungshaft nach Österreich
Die europäischen Ermittlungsanordnungen wurden von 28. Jänner 2019 bis 1. Februar 2019 in Sofia vollzogen. Dabei wurden einige Terabyte Daten, Geschäftsunterlagen und ein sechsstelliger Geldbetrag sichergestellt. Es wurden Räumlichkeiten von insgesamt 21 Firmen sowie vier Privatadressen von Verdächtigen durchsucht. Außerdem wurden insgesamt 14 Konten sichergestellt und ein Hauptverdächtiger festgenommen. Dieser befindet sich in Auslieferungshaft nach Österreich.

Wie viel der Schadenssumme exakt auf Österreich entfällt und wie viele Betroffene es hierzulande gibt, lässt sich vorerst nicht sagen, meinte Bundeskriminalamtssprecher Vincenz Kriegs-Au. Es wurden zwar mehrere Konten sichergestellt, doch die bisher blockierten Hunderttausenden Euro seien „Peanuts“ angesichts der enormen Schadenshöhe. Man hoffe jedoch, im Zuge der weiteren Ermittlungen noch weitere Gelder sicherstellen zu können.

Gratulation vom Innenminister
Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) gratulierte den österreichischen Kriminalisten sowie ihren europäischen Kollegen: „Diese erfolgreiche Aktion ist ein wichtiger Schlag gegen die Cyber-Kriminalität, wo Täter Zugang zu modernsten Mitteln der Digitaltechnik haben. Umso höher ist die Leistung der Ermittler einzustufen, die in penibler Kleinstarbeit und dank internationalem Informationsaustausch konzernähnliche kriminelle Strukturen sichtbar gemacht und zerschlagen haben.“

Binäre oder digitale Optionen sind laut BK hochriskante Termingeschäfte, die Merkmale einer Wette enthalten. Anleger spekulieren auf einen fallenden oder steigenden Kurs. Tritt der vom Anleger prognostizierte Fall ein, so gewinnt er und erhält einen vorher festgelegten Betrag, der typischerweise immer weniger als das Doppelte des eingesetzten Kapitals ausmacht. Tritt der vom Anleger prognostizierte Fall nicht ein, so verfällt die Option als wertlos und der Anleger verliert sein gesamtes eingesetztes Kapital. In der Regel wird bei diesen Geschäftsmodellen mit außerbörslichen Produkten gehandelt.

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