Filzmaier-Analyse

Wir in der Welt: Was kann Außenpolitik erreichen?

Politik
24.02.2019 06:00

Sebastian Kurz hat Donald Trump besucht. Für uns Österreicher eine große Sache. Dem Durchschnittsamerikaner bedeutet es weniger als dieses Fahrrad, das in China immer umfällt. Kleinstaaten haben eben einen geringen Stellenwert. Was ist und kann also Außenpolitik? Peter Filzmaier analysiert für die „Krone“.

1. In Lehrbüchern steht, dass ein Nationalstaat mittels Außenpolitik seine politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Interessen wahrnimmt. Na klar. Niemand kann sich vom Rest der Welt abkoppeln. Nicht einmal früher Albanien und heute Nordkorea - und mit Kim Jong Un will uns ja hoffentlich keiner vergleichen. Gerade das kleine Österreich benötigt auswärtige Politik.

Wie Firmen Handel treiben und für ihre Produkte in den USA hohe Zölle zu bezahlen sind, wird außenpolitisch beeinflusst. Genauso ob Nachbarstaaten Schadstoffe in die Luft blasen und Atomkraftwerke betreiben. Oder ob Flüchtlinge aus Syrien in der Türkei aufgenommen werden statt in EU-ropa. Wirtschaftsbeziehungen, Umweltprobleme und Migration machen nicht an Grenzen halt. Also wäre es strunzdumm, international nicht mitreden zu wollen.

2. Trotzdem gibt es für die USA und Präsident Trumps Außenpolitik den Begriff des Isolationismus. Das ist nicht wörtlich gemeint, sondern dass die größte Supermacht ihr Wirken auf bestimmte Gebiete der Erde beschränkt, wo man sich einen Vorteil verspricht. Bündnisverpflichtungen werden von Trump abgelehnt. Die NATO ist für ihn mehr Gegner als Partner.

Böse gesagt führt das dazu, dass im Unterschied zum Internationalismus die Amerikaner jede Gesamtverantwortung für ein friedliches und gutes Leben auf unserem Planeten ablehnen. Die Welt kann im Chaos versinken, solange das Trumpland mehr Nutzen als Schaden hat. Umgekehrt verweisen Kritiker seiner Vorgänger von John F. Kennedy bis Bill Clinton und Barack Obama darauf, dass US-Interventionen als Weltpolizist Kriege manchmal auslösten und verlängerten, statt diese zu beenden.

3. Österreich muss sich militärisch neutral verhalten, ist jedoch als Kleinstaat auf Allianzen mehr angewiesen als die USA. Allein würde man von den nationalen Interessen international genau gar nichts durchsetzen. Eine „Mir san mir!“-Mentalität ohne Außen- und EU-Politik ist jedoch auch für den einzelnen Österreicher Unsinn. Zu sagen, dass Dinge im Ausland uns nicht betreffen, das stimmt nicht.

Oder nur, wenn man nicht atmet und kein Wasser trinkt, niemals einkauft und möglichst kein Essen zu sich nimmt. Und weder arbeitet noch reist. Denn die Reise(un-)freiheit beruht auf internationalen Abkommen. Freihandelszonen tun das auch. Ebenso wer wo mit welcher anerkannten Ausbildung arbeiten darf. Bei Mindeststandards gegen Luftverschmutzung, sauberes Trinkwasser oder Bio-Nahrungsmittel gilt das Gleiche.

4. Wer aber macht Außenpolitik? Die Antwort der meisten Österreicher lautet vermutlich „Na, unsere Regierung!“. In den USA wäre das der Präsident. Das ist beides nicht ganz falsch. Wobei der Bundeskanzler und die Außenministerin nicht immer das Heft des Handelns haben. Praktisch jedes Ministerium verfügt über eine außenpolitische, internationale und EU-ropäische Abteilung.

Hinzu kommt der Bundespräsident. Kanzler Sebastian Kurz und Außenministerin Karin Kneissl können oft bestenfalls koordinieren. Oder nicht einmal das. Denn selbstverständlich machen Bundesländer, Unternehmensverbände und Gewerkschaften sowie Nichtregierungsorganisationen ebenfalls Außenpolitik.

5. Es fällt auf, dass zwei zentrale Akteure in der Außenpolitik wenig zu sagen haben. Nämlich das Parlament und das Volk. In Österreich und in den USA können Parlamente keine Gesetze machen, die in anderen Ländern gelten. Da zählt das Völkerrecht. Wenn wir uns aufregen, dass das Anti-Rauch-Volksbegehren zu keiner Volksabstimmung führte, so ist das in der Außenpolitik viel schlimmer. Bei Militäreinsätzen und im Extremfall einer Kriegsteilnahme durfte die Bevölkerung weltweit noch nie unmittelbar mitentscheiden.

Sie musste aber stets die Folgen ausbaden. In den USA ist der Kongress - das dortige Parlament mit den Volksvertretern - bloß formal für Kriegserklärungen zuständig. In Wirklichkeit kann der Präsident als Oberbefehlshaber der Streitkräfte einfach kriegerische Handlungen anordnen. Das Geld dafür holt er sich aus anderen Töpfen oder womöglich nach dem Vorbild des Mauerbaus durch Notverordnungen.

6. Ach ja, und da wäre noch unsere Neutralität als Bestandteil der Außenpolitik. Jedenfalls früher. Der Politikwissenschafter Anton Pelinka hat die Neutralität einmal als den „prominentesten Untoten Österreichs“ bezeichnet. Doch das ist eine andere Geschichte, die hier nächste Woche zu lesen sein wird.

Peter Filzmaier, Kronen Zeitung

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