Experte klärt auf

Ist der Kontroll-Ärger bei Kufstein bald vorbei?

Tirol
08.02.2019 09:30

Lokalaugenschein am Grenzübergang Kufstein-Kiefersfelden, an dem bereits im vierten Jahr die deutsche Bundespolizei kontrolliert. Aber sind diese Kontrollen noch immer rechtens oder könnten sie bald ein Ende haben? Die „Tiroler Krone“ sprach mit dem Europarechts-Experten Walter Obwexer von der Universität Innsbruck.

Im Herbst 2015 errichtete die deutsche Bundespolizei am Autobahngrenzübergang Kufstein-Kiefersfelden eine fast schon militärisch wirkende, stark gesicherte Grenzbastion. In diesem, durch hüfthohe Betonwände umgebenen Areal, stehen Container, die als Diensträumlichkeiten genutzt werden. Dicht daneben wurde ein riesengroßes Zelt aufgebaut, welches den zweispurigen Kfz-Kontrollplatz allwettertauglich macht.

Personell werden rund um die Uhr an die zwei Dutzend, hauptsächlich junge Bundespolizisten beiderlei Geschlechts eingesetzt. Sie sind mit modernen Schutzwesten ausgerüstet und einem martialistisch wirkenden Sturmgewehr bewaffnet.

230 illegale Migranten pro Monat
Laut einem Pressesprecher der Bundespolizei Rosenheim bewegen sich die Aufgriffe an allen Grenzübertritten (inklusive Bundesstraßen und Eisenbahn) zwischen Tirol und dem bayerischen Kiefersfelden bei 230 illegalen Migranten im Monat. Dazu erklärt der renommierte Europarechtsexperte Professor Walter Obwexer von der Universität Innsbruck: „Bei Vorliegen einer Störung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit erlaubt der Schengener Grenzkodex Personenkontrollen an Grenzen, aber maximal für zwei Jahre.“

„Man ist schon weit über den verordneten Zeitraum darüber“
Aktuell sieht die Situation laut Prof. Obwexer folgendermaßen aus: „Deutschland hat sich, genauso wie Österreich, durch das immens hohe Migrationsaufkommen im Jahr 2015 auf diesen Passus berufen. Daher wurde von der EU die vorübergehende Genehmigung für Grenzkontrollen von 2015 bis 2017 erlaubt. Allerdings datiert die letzte Bewilligung, die Deutschland für zusätzliche sechs Monate erhielt, vom Mai 2017. Man ist also schon weit über den verordneten Zeitraum darüber.“

Nach November 2017 hat Deutschland, wie Österreich zu Slowenien hin, sich auf die von den Migrationsströmen ausgehende Terrorgefahr gestützt und erneut den Antrag gestellt, die Kontrollen weiterführen zu können. Bis jetzt wurde diese von der Europäischen Kommission weder untersagt, noch hat sie eine formale Genehmigung erteilt.

„Es ist fraglich, ob es überhaupt zulässig ist, einfach den Gefährdungsgrund zu ändern, um wieder um zwei Jahre verlängern zu können“, resümiert Obwexer. Somit kann Deutschland zu Österreich noch bis November des aktuellen Jahres Grenzkontrollen durchführen.

„Kontrollen stehen rechtlich auf sehr wackeligen Beinen“
Obwexer hofft nun auf die - nach den Europawahlen im Mai - neue Kommission in Brüssel und dass diese dann eine andere Politik verfolgt: „Ich habe schon den Eindruck, dass die derzeitige Kommission den Mitgliedsstaaten Deutschland und Österreich, nachdem eine Verbesserung der Außengrenzkontrollen im Schengenraum stattfand, keine Verlängerung der Binnengrenzkontrollen mehr genehmigen sollte. Hier legt die Kommission - wohl politischen Gründen geschuldet - ein äußerst zurückhaltendes Vorgehen an den Tag. Die in Kiefersfelden durchgeführten Binnenkontrollen stehen daher rechtlich auf sehr wackeligen Beinen. Ich habe die Hoffnung, dass nach den Wahlen des EU- Parlaments und nach Neubesetzung der Kommission die Rechtsnormen wieder strenger exekutiert werden und etwaige Verlängerungen für Grenzkontrollen, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr in dieser Art und Weise durchgeführt werden.“

Hubert Berger, Kronen Zeitung

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