Impfpflicht umstritten

Auch Italien ist von Masern-Epidemie bedroht

Ausland
31.01.2019 06:56

Nicht nur Österreich ist mit Masern-Fällen konfrontiert. Rund jede fünfte registrierte Infektion in der EU betrifft Italien. Binnen einen Jahres kostete das Virus sieben Menschen in unserem südlichsten Nachbarland das Leben. Die Impfpflicht, die im Juli 2017, verbesserte die Situation jedoch bereits erheblich. Dennoch hat diese Maßnahme auch viele Gegner in den politischen Reihen.

Von den 12.279 Masern-Erkrankungen, die man in der EU zwischen Dezember 2017 und November 2018 registrierte, wurden 2.548 in Italien gemeldet, geht aus Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hervor. 30 Prozent der Masern-Fälle in Italien betrafen Kinder unter fünf Jahren. 91 Prozent der von dem Virus betroffenen Personen war nicht geimpft.

Impfpflicht in Italien halbierte Maserninfektionen
In Italien ist das Risiko, an Masern zu erkranken, das zweitgrößte in Europa. Nur in Frankreich und in Griechenland sind Masern noch weiterverbreitet. Gegenüber 2017, als noch 5.402 Masern-Fälle gemeldet wurden, halbierte sich jedoch die Zahl der Erkrankungen in Italien. Dies führen die Ärzte auf die zunehmende Zahl von Impfungen infolge der im Juli 2017 beschlossenen Impfungspflicht zurück. Diese sieht zehn Pflichtimpfungen für Kinder vor, darunter Masern, Hirnhautentzündung, Tetanus, Kinderlähmung, Mumps, Keuchhusten und Feuchtblattern.

„Die neuveröffentlichten Angaben, laut denen sich die Masern-Fälle in Italien 2018 gegenüber dem Vorjahr halbiert haben, bezeugen, dass die Impfpflicht für Kinder im Schulalter funktioniert“, kommentierte Walter Ricciardi, italienischer Präsident des World Federation of Public Health Associations (WFPHA). Der Rückgang der Masern-Fälle sei beachtenswert, man müsse in Italien jedoch weiterhin für eine stärkere Impfdeckung arbeiten. Nur so könne man die Masern-Epidemie eindämmen.

Impfgegner befürchten Nebenwirkungen
Die beiden in Rom regierenden Kräfte - die Fünf Sterne-Bewegung und die rechte Lega - hatten im Wahlkampf für die Parlamentswahlen im März 2018 aber versprochen, die Impfpflicht abzuschaffen. Vom Gründer der Fünf-Sterne-Bewegung, Beppe Grillo, wurde die Einschätzung überliefert, dass Schutzimpfungen zwar eine wichtige Rolle bei der Ausrottung gefährlicher Krankheiten gespielt hätten. Impfungen hätten jedoch auch beträchtliche Nebenwirkungen, die unter anderem angeblich Krebserkrankungen, Allergien und Autismus verursachen könnten. Außerdem seien verpflichtende Schutzimpfungen ein Geschenk des Staates an die Pharmaindustrie, kritisierte Grillo.

Salvini plädiert für Entscheidungsfreiheit
Auch Innenminister und Lega-Chef, Matteo Salvini, erklärte sich gegen die Impfpflicht. Zwar hat Salvini nach eigenen Angaben seine beiden Kinder impfen lassen, ist aber der Meinung, dass die Entscheidung den Eltern überlassen werden solle, ob und wogegen sie ihre Kinder impfen lassen.

Seit vergangenen Jahr nur mehr „flexible Impfpflicht“
Seit dem Amtsantritt der Regierung von Premier Giuseppe Conte im vergangenen Juni müssen Eltern für ihre Kinder keine Bestätigung mehr von der Gesundheitsbehörde über die erfolgten Impfungen vorlegen, damit die Kinder Kindergarten und Schule besuchen dürfen, sondern können selbst darüber Auskunft geben. Die Regierung spricht von „flexibler Impfpflicht“, Schutzimpfungen werden empfohlen, aber nicht befohlen.

Eltern wird geraten, ihre Kinder zu impfen, diese sollen jedoch nicht aus der Schule ausgeschlossen werden, wenn sie nicht geimpft sind, wie das Gesetz derzeit vorsieht. Gesundheitsministerin Giulia Grillo, Ärztin und Politikerin der Fünf-Sterne-Bewegung, betonte, dass sie keineswegs gegen Impfungen sei. Die Sizilianerin, die nicht mit dem Fünf Sterne-Gründer verwandt ist, hat seit wenigen Monaten ein Kind und werde es nach eigener Aussage impfen lassen. Gesundheitsministerin Grillo ist selbst keine Impfgegnerin, sagt aber, sie ziehe die Überzeugung der Eltern einem staatlichen Impfzwang vor.

„Man scherzt nicht mit der Gesundheit der Kinder“
Die „flexible Impfpflicht“ löste den Protest der oppositionellen Sozialdemokraten (PD) aus, die am bestehenden Gesetz festhalten. „Man scherzt nicht mit der Gesundheit der Kinder“, lautet der Slogan der PD-Kampagne. Zusätzlich kompliziert wird die Lage durch den Umstand, dass die Regierungen von neun der zwanzig Regionen angekündigt haben, Verfassungsklage gegen die neuen Impfbestimmungen einzulegen. Damit ist die Impfpflicht zum Gegenstand eines Rechtsstreits vor der höchsten Instanz geworden.

Mit der Einführung der Impfpflicht gewann in Italien die schon zuvor verbreitete Anti-Impf-Bewegung „No Vax“ an Schwung. Ihre Anhänger sind gegen Impfspezialisten und medizinische Fachleute misstrauisch. Sie fordern die sofortige Abschaffung der Impfpflicht.

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