Geständnis des Grauens

Wiener Frauenhasser war potenzieller Serienkiller

Wien
27.01.2019 06:00

Er lauerte seinen Opfern in der Dunkelheit auf, schlug sie halb tot. Werner B. war schon seit Langem eine „tickende Zeitbombe“. Kriminalbeamte halten den 41-jährigen Wiener für einen potenziellen Serienkiller. Er sagt über sich: „Ich sehnte mich doch bloß nach Liebe.“

Werner B. wirkt völlig emotionslos, wenn er jetzt mit ruhiger Stimme über seine Verbrechen spricht. „Ich hab halt einigen Blödsinn gemacht“, sagt er in Verhören bloß - und findet kein Wort des Mitleids für seine zwei Opfer. Denen er Grauenhaftes angetan hat. In der Nacht vom 30. auf den 31. Dezember. „Aber trotzdem bin ich kein schlechter Mensch“, beteuert der 41-Jährige, und dass er „die beiden Frauen doch gar nicht so schwer verletzen und mit Sicherheit nicht umbringen wollte“. Die Angriffe seien „eben geschehen, irgendwie, wahrscheinlich, weil ich schlecht drauf gewesen bin“. Wegen seines „verpfuschten Lebens“: „Ich hatte einfach nie Glück.“

Aufgewachsen mit zwei Geschwistern in Wien; ein Jahr Volksschule, neun Klassen Sonderschule, eine abgebrochene Schneiderlehre. Danach Gelegenheitsjobs. Als Lagerarbeiter, Pferdepfleger, am Bau und in Fast-Food-Restaurants. Früh geheiratet, vier Kinder. 90.000 Euro Schulden bei Banken und Versandhäusern. So liest sich, kurz zusammengefasst, Werner B.s Vita.

Schon als Jugendlicher straffällig
Bereits von Jugend an wurde er immer wieder straffällig. Zwei Anzeigen wegen Vergewaltigung, noch mehr wegen Einbruchsdiebstählen: „Ich brauchte das Geld, um mein Dasein ein bisschen angenehmer machen.“ Insgesamt achteinhalb Jahre saß er in Haft, zuletzt vier, im Mai 2018 wurde er aus der Justizanstalt Hirtenberg in Niederösterreich entlassen. „Danach wollte mich meine Frau nicht mehr bei sich wohnen lassen“, er kam in einer betreuten Männer-WG in Wien-Mariahilf unter, fand eine Stelle in einem Gastronomiebetrieb.

„Herr B. hielt sein Zimmer in Ordnung, ging pünktlich zum Dienst, verhielt sich unauffällig“, berichten seine Bewährungshelfer, „aber kurz vor Weihnachten wurde er gekündigt, es war ihm anzumerken, dass ihn das sehr traf.“ Ein Gewaltpotenzial sei bei ihm nicht zu erkennen gewesen: „Er zeigte sich eher depressiv.“ In Wahrheit war er schon längst eine tickende Zeitbombe.

Werner B.: „Ich bin viel in Kontakt mit meiner Familie gewesen, ich habe sie oft besucht, aber meine Frau verweigerte mir körperliche Nähe“, weswegen er laufend „unruhiger“ geworden sei: „Ich sehnte mich nach Liebe - und nach Sex. Und ich begann, nach einer Partnerin zu suchen.“ In Lokalen, bei Radtouren durch die Stadt, „doch alle meine Anbahnungsversuche scheiterten, weswegen ich langsam eine ziemliche Wut auf Frauen bekam“.

„Ich fand das lustig“
Mit dieser Wut in sich, und mit dem Vorhaben, in einen Würstelstand einzubrechen, „damit ich an Bares komme, um für Silvester Raketen kaufen zu können“, packte er am Abend des 29. Dezember einen Maurerhammer in eine Tasche und marschierte von zu Hause los. Auf dem Karlsplatz, im Resselpark, es war gegen 1.30 Uhr, sah er sie dann: „Eine Frau, die mich so richtig blöd anschaute.“ Und da habe er plötzlich „das Böse“ in sich gespürt. Ein harter Schlag, gegen ihren Kopf, „sie fiel zu Boden, rappelte sich auf, fiel wieder hin, ich fand das lustig, nahm ihr das Handy weg und ging anschließend nach Hause“.

Trotz eines Schädelbruchs schaffte es das Opfer, in ein Taxi zu steigen und in ein Spital zu fahren. (Anmerkung: Bis heute muss die Frau stationär behandelt werden.)

Nachdem Werner B. in einer Nachttischschublade das geraubte Mobiltelefon versteckt hatte, beschloss er, „noch eine kleine Fahrradtour zu machen. In der Hoffnung, dabei eine nette Frau kennenzulernen.“ Er fuhr durch mehrere Bezirke, „bei einer Baustelle am Naschmarkt entdeckte ich zufällig eine Eisenstange ...“

„Sex mit einer so arg Zugerichteten macht keinen Spaß“
Um 5.20 Uhr beging er damit eine entsetzliche Tat auf der Margaretenstraße. Mit enormer Wucht prügelte er von hinten auf den Kopf einer 25-jährigen Studentin ein, sie brach zusammen. „Sie lag dann“, so Werner B., „blutend auf dem Rücken vor mir.“ Er zertrümmerte ihr Gesicht, wollte sich danach an der Wehrlosen vergehen, öffnete den Zippverschluss ihrer Hose, „aber letztlich dachte ich mir, dass mir Sex mit einer so arg Zugerichteten keinen Spaß machen würde, und ich nahm bloß ihre Bankomatkarte und ihr Handy an mich“. In „einer Art Reflex“ habe er in der Folge bei der Polizei angerufen: „Kommen Sie schnell, ich habe eine Verletzte gefunden.“

Vielleicht fand es der Täter aufregend, vor den Beamten den „Retter“ zu spielen. Wahrscheinlich fühlte er sich mächtig in dem Glauben, ein „perfektes Verbrechen“ begangen zu haben. In den Tagen danach rief er mehrmals die Mutter des Opfers an. „Wie geht es Ihrer Tochter?“, erkundigte er sich bei ihr. Und er kaufte mit der Bankomatkarte der Studentin - kleinere Zahlungen waren ohne Codeeingabe möglich - Zigaretten.

Die 25-Jährige erlitt bei dem Angriff massive Schädelverletzungen, bis zum vergangenen Mittwoch lag sie im künstlichen Tiefschlaf.

Reinigungskraft krankenhausreif geschlagen
Am 3. Jänner wurde der Täter verhaftet. In seinem WG-Zimmer konnten acht Mobiltelefone sichergestellt werden. Eines davon stammt, seinen Angaben zufolge, von einem Raubüberfall auf eine Frau. Begangen in Wien-Landstraße, im vergangenen November. Der Mann steht zudem unter dem dringenden Verdacht, am 19. Dezember in einer öffentlichen WC-Anlage im Bruno-Kreisky-Park eine Reinigungskraft überfallen und mit einer Eisenstange krankenhausreif geschlagen zu haben.

Die Kriminalpolizei überprüft nun auch, ob der Wiener weitere - bis dato ungeklärte ähnliche - Verbrechen an Frauen verübt haben könnte - vor seinem letzten Gefängnisaufenthalt oder während seiner späteren Freigänge. „Wäre Werner B. nicht gefasst worden“, sagt ein Ermittler, „wäre er vermutlich bald zu einem Serienkiller geworden.“

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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