Hohe Latte

LH Wallner will bei Landtagswahl „40 plus“

Vorarlberg
30.12.2018 12:19

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) betont die Eigenständigkeit der Ländle-ÖVP und peilt bei der Landtagswahl 2019 ein Ergebnis von über 40 Prozent an. Das Credo „Schaffa, schaffa, Hüsle baua“ sieht er im APA-Interview nach wie vor in der Vorarlberger DNA verankert, die Umsetzung sei aber wohl schwieriger geworden. Für die Zukunft wünscht sich Wallner ein Europa der Regionen.

Der seit Ende 2011 amtierende Vorarlberger Regierungschef appelliert, der türkis-blauen Bundesregierung eine „faire Chance“ einzuräumen. Viele in der Republik hätten auf eine Veränderung gedrängt, es passiere in der Regierung „viel Gutes“ wie etwa der Familienbonus.

„Viel zu früh für Regierungsbeurteilung“
Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteichef Sebastian Kurz wirke stark darauf hin, dass die beiden Regierungspartner ihre Arbeit auf Basis des gemeinsam beschlossenen Programms leisteten. Für eine endgültige Beurteilung der Regierungsarbeit sei es aber „viel zu früh“, eine solche könne man erst nach einer oder zwei Regierungsperioden abgeben, so der Landeshauptmann.

Wallner widersprach dem Eindruck, dass er sich seit dem Antritt von Sebastian Kurz mit öffentlichen Entgegnungen in Richtung Wien zurückhalte. „Was ich nicht mache: Ich beteilige mich nicht am Regierungs-Bashing“, stellte er nachdrücklich fest. Wenn es an Regierungsvorhaben aus Sicht der Länder jedoch etwas auszusetzen gebe, dann sage er das sehr deutlich. Als Beispiele führte Wallner etwa die Abschaffung des Pflegeregresses („Da war manches direkte Wort notwendig“) oder die Kassenreform an. Umgekehrt dürften die Länder nicht in Totalblockaden verfallen.

„Man sollte sich hüten, Gesellschaftsgruppen gegeneinander auszuspielen“
Nach dem Unterschied zwischen „Türkis“ und „Schwarz“ befragt, machte Wallner deutlich, dass er mit Zuschreibungen solcher Art wenig anfangen kann. Die drei wichtigsten Werte, die er mit seiner Politik leben wolle, seien die Würde des Einzelnen, das Prinzip der Subsidiarität mit der damit verbundenen Eigenverantwortung sowie die gemeinschaftsfördernde Aufgabe der Politik: „Man sollte sich hüten, Gesellschaftsgruppen gegeneinander auszuspielen“.

Mit Sebastian Kurz sei sicher „ein frischer Wind in die Bundespolitik“ eingezogen. Die Vorarlberger Volkspartei habe aber immer auch ihre eigene Linie und ihren eigenen Stil verfolgt und werde dem treu bleiben. „Wir sind zu guter Zusammenarbeit fähig, das haben wir bewiesen“, betonte Wallner. Die eigenständige Politik werde man aber nie aufgeben. „Wir sind nicht die Ableger von irgendwem“, hielt der 51-Jährige fest.

Ziel „40 plus - das ist eine hohe Latte“
Für die im September 2019 anstehende Landtagswahl gab Wallner die Zielsetzung „40 plus“ aus, „das ist eine hohe Latte“. Das erneute Erreichen der absoluten (Mandats-)Mehrheit, an die die Vorarlberger ÖVP jahrzehntelang gewohnt war, hielt er mit einem Verweis auf das Ausgangsniveau (2014 erreichte die ÖVP 41,8 Prozent, Anm.) und die Verhältnisse in den umliegenden Ländern „für nicht realistisch“. Eine Koalitionspräferenz gab Wallner nicht ab, auch wenn die Regierungszusammenarbeit mit den Grünen „bisher gut funktioniere“.

Zunächst seien die Wähler am Wort. Er schließe von vornherein keine Partei als Regierungspartner aus. Dass FPÖ-Parteichef Christof Bitschi - die Äußerungen fielen bei Bitschis Wahl zum FPÖ-Obmann - keine Zusammenarbeit mit ihm, Wallner, wolle, habe er zur Kenntnis genommen. „Bitschis Aussage nehme ich ernst“, so Wallner.

Als Finanzreferent der Vorarlberger Landesregierung räumte Wallner ein, dass es jedes Jahr schwieriger werde, die Landesbudgets ohne Neuverschuldung zu bestreiten. Vorarlberg habe sich bis auf zwei Ausnahmen - geschuldet der Finanzkrise und einer Hochwasserkatastrophe - jedoch jahrzehntelang an diese Vorgabe gehalten und werde das auch weiterhin tun. „Wir haben nicht die Zinslast wie andere und deshalb mehr Handlungsspielräume“, so Wallner. Schuldenberge für die nachkommenden Generationen aufzutürmen sei „unverantwortlich“.

„Man kann viel von uns lernen“
Gerade deshalb werde man im Gesundheits- und Pflegebereich - die gemeinsam mit der Bildung die größten Ausgabenposten im Landesbudget bilden - Maßnahmen setzen müssen. Diesbezüglich hielt Wallner die Ankündigung der Bundesregierung für richtig, eine nachhaltige Pflegefinanzierung sicherstellen zu wollen. Man biete sich der Bundesregierung als Partner an, wies Wallner unter anderem auf eine flächendeckende Hauskrankenpflege und flächendeckendes Case-Management im westlichsten Bundesland hin: „Man kann viel von uns lernen“.

Selbst setzt Vorarlberg mit einem Pflegepaket im Ausmaß von sechs Millionen Euro einen Akzent im Landesbudget 2019. „Es ist falsch, Ältere nur als Kostenfaktor darzustellen“, betonte Wallner. Es gehe darum, eine menschenwürdige Pflege sicherzustellen, „möglichst zu Hause“. Die zukünftige Finanzierung der Pflege wird in Wallners Augen wohl in einer Mischform aus staatlichen Geldern und Versicherungsleistung bestehen.

Im Gesundheitsbereich könnte laut Wallner die seit Jahren diskutierte „Planung und Finanzierung aus einer Hand“ für den niedergelassenen und den Spitalsbereich finanziell viel bewirken, die Bundesregierung wolle diesbezüglich einen neuen Anlauf nehmen. Mit Sicherheit gingen in der nächsten Regierungsperiode aber die Schwerpunktbildungen an den Vorarlberger Krankenhäusern weiter. Geholfen hätten der von Bund und Ländern vereinbarte Kostendämpfungspfad und auch die gemeinsame Zielsteuerung. Optimistisch zeigte sich Wallner auch, dass mit dem Bund eine weitere Kompetenzentflechtung bei der Spitalsgesetzgebung gelingen werde.

„Viele streben nach Eigentum“
Das Credo „Schaffa, schaffa, Hüsle baua“ sah Wallner nach wie vor tief in der Vorarlberger DNA verankert, „viele streben nach Eigentum“. Wohneigentum zu erwerben sei aber fast nur noch über eine sehr hohe Verschuldung bzw. sehr lange Kreditlaufzeiten möglich, „da wollen wir eigentlich nicht hin“, so der Landeshauptmann. Er räumte auch ein, dass das leistbare Wohnen als Problem mittlerweile in den Mittelstand eingedrungen sei.

Um Baulandhortung zu vermeiden, habe man vor Kurzem das Raumplanungs- und Grundverkehrsgesetz geändert. Den explodierten Mietpreisen trete man insbesondere mit einem exorbitant gesteigerten sozialen Wohnbauprogramm entgegen. „Bis Ende 2019 werden wir innerhalb von fünf Jahren 3.800 Wohnungen für 8.400 Personen zugesagt haben“, stellte Wallner fest. Mehr als die 750 für 2019 geplanten Einheiten ginge nicht, ansonsten würde der Markt weiter überhitzt.

Wallner verwies aber auch darauf, dass das Vorarlberger Rheintal eine Bevölkerungszahl erreicht hat, die eine maßvolle Verdichtung und höhere Bauten notwendig mache. „Wir werden dabei behutsam vorgehen, wir werden nicht die Hochhäuser der 1970er-Jahre nachbauen“, versprach der Landeshauptmann. Es gehe vielmehr um Quartiersplanung in Kombination mit guter Architektur.

„Wir brauchen ein Europa der Regionen“
Im Hinblick auf die Zukunft der EU unterstrich Wallner, dass man speziell in der Bodenseeregion gute Zusammenarbeit über Nationengrenzen hinweg vorleben könne. Hinter der grundsätzlichen Entwicklung der Europäischen Union stehe ein großes Fragezeichen, die Verunsicherung in der Bevölkerung sei groß. Die Fluchtbewegungen im Jahr 2015 hätten sowohl Zweifel an der EU als auch am Nationalstaat („ein Konzept des 19. Jahrhunderts“) aufkommen lassen. Selbst ist Wallner davon überzeugt, „dass wir ein Europa der Regionen brauchen, das die nationalen Grenzen stärker überwindet“. Mit guter überregionaler Zusammenarbeit könne das Vertrauen der Bürger wieder wachsen.

Zur Person: Landeshauptmann Markus Wallner (geboren am 20. Juli 1967 - verheiratet, zwei Töchter, ein Sohn) - Magister der Politikwissenschaft, ÖH-Vorsitzender an der Uni Innsbruck, ab 1999 Landesgeschäftsführer der Vorarlberger ÖVP, ab 2003 Klubobmann, ab 2006 Landesrat (u.a. für Gesundheit), seit 7. Dezember 2011 Vorarlberger Landeshauptmann

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