Neue brisante Vorwürfe

„Fall David“: Anzeige gegen drei weitere Ärzte

Salzburg
23.12.2018 06:03

Seit 240 Tagen ist David tot. Gestorben nach einer Mini-Operation am Salzburger Landeskrankenhaus. Wie „Krone“-Leser wissen, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwei SALK-Ärzte. Nun bringt ein neues Gutachten brisante Details ans Licht. Der Opfer-Anwalt reagierte und zeigte drei weitere Mediziner an.

Der „Krone“ liegt das dritte Gutachten im Fall David vor, in Auftrag gegeben von den Eltern, verfasst vom deutschen Anästhesisten Matthias Thöns. Auf 34 Seiten präzisiert der Mediziner bekannte Vorwürfe - wie die fehlende OP-Aufklärung - und erhebt zugleich neue.

Gutachten: „Eklatante Regelmissachtung“
„David hatte keine EKG-Überwachung“ während der Vollnarkose, liest sich auf Seite 27. Laut Gutachten gehöre eine solche aber „unstrittig“ dazu und sei „notwendig“. Erst als eine Oberärztin zur Wiederbelebung in den OP-Saal eilte, wurde sie auf ihren Befehl hin angelegt. Auch eine Überdosierung bei der Narkose erwähnt der Deutsche.

Weiterer Kritikpunkt des Gutachters sind die Intubationsversuche: So soll der Anästhesist zwei erfolglose Versuche unternommen haben, bevor es die Kollegin ganze 20 Minuten lang probierte. „Zehn lange Minuten schaut dabei ein Profiteam zur Koniotomie (unter Laien als Luftröhrenschnitt bekannt, Anm.) mit einsatzbereitem Equipment quasi tatenlos zu“, schreibt Thöns und verweist auf internationale Empfehlungen.

Demnach sollte nach dem zweiten Versuch eine Koniotomie durchgeführt werden. Das passierte aber nicht, obwohl der Gutachter sogar Lob für die Regelung in der SALK findet: Hier gäbe es - anders als in vielen deutschen Kliniken - eine 24-Stunden-Bereitschaft für solche Vorfälle. Umso verwunderlicher mutet es an, dass die Oberärztin weiter zu intubieren versuchte. Als „grob sorgfaltswidrig“ bezeichnet dies der Sachverständige.

Grund der Operation: Ein Blutschwämmchen
Genauso „grob sorgfaltswidrig“ war es laut Gutachten, dass der Anästhesist „den Herzstillstand nicht erkannte“. Zudem sieht der Deutsche die Rolle der Koniotomie-Spezialistin kritisch: Die Fachärztin hatte seiner Ansicht nach die Entscheidungsgewalt und Entscheidungspflicht, den Luftröhrenschnitt zu machen. „Stattdessen schaute das Koniotomie-Team mehr oder minder tatenlos bei den vergeblichen Beatmungsversuchen zu“, heißt es im Gutachten. Samt Thöns bemerkenswertem Resümee: „David hätte gesund überlebt.“

Aufgrund dieser Erkenntnisse schickte Anwalt Stefan Rieder eine Sachverhaltsdarstellung an die Behörde: „Das musste ich zur Anzeige bringen.“ Auch die SALK hat der Advokat nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz angezeigt.

Chronologie der Ereignisse:

  • 16. April 2018: Nachdem ein Hämangiom (Blutschwämmchen) auf Davids rechter Wange aufplatzte, fuhren die Eltern mit ihrem Kind in die Klinik. Kurz davor hat David zu Abend gegessen. Dies teilten die Eltern auch den Ärzten mit. Der diensthabende Kinderchirurg wollte die Verödung der Wunde dennoch sofort durchführen. Dazu wurde ein Anästhesist beigezogen.
  • Die OP: Zuerst wurden David Beruhigungsmittel verabreicht. Der Eingriff (Kautern) verlief problemlos. Danach veränderte sich Davids Zustand drastisch. Binnen Sekunden fiel die Sauerstoffsättigung von 100 auf 34 Prozent. Weitere Ärzte wurden zu dem Notfall hinzugezogen. David wurde eine halbe Stunde lang reanimiert. 25 Minuten lang klappte die Beatmung nicht. 40 Minuten hatte sein Gehirn nicht genügend Sauerstoff. Nach erfolgreicher Wiederbelebung wurde das Kind in künstlichen Tiefschlaf versetzt.
  • 27. April: Ärzte stellten die Diagnose Hirntod. Die Maschinen wurden abgeschaltet, das Kind starb daraufhin.
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