Hotelier im Interview

Personalsuche: „Wertschätzung vor Geld“

Tirol
23.12.2018 06:30
Die Mitarbeitersuche wird in Tirols Hotel- und Gastgewerbe zum Knackpunkt. Vor der Saison fehlten unter anderem 708 Köche und 1047 Kellner. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Maximilian Blumschein betreibt mit Ehefrau Sigrid das Hotel Post in St. Johann. Im Interview erklärt er, warum er sein Team für die Saison schon komplett hat und was man dafür tun muss.

Herr Blumschein, wie schwer findet man Personal?
Als Jahresbetrieb ohne lange Zusperrzeiten sind wir attraktiver und die Fluktuation ist geringer. Von 46 Mitarbeiterstellen mussten wir zuletzt 15 neu besetzen. Für den Winter konkurrieren wir aber mit den Top-Skiorten, da sucht man schon mal händeringend.

Wie kann man sich die Suche konkret vorstellen?
20 bis 25 Prozent meiner Arbeitszeit geht in die Personalsuche, der Aufwand hat sich allein seit dem Vorjahr verdoppelt. Die Palette ist groß: Die Frühstückshilfe findet man über ein Inserat im Lokalblatt, einen Koch online in ganz Europa. Aber bei den Köchen habe ich Glück – meine kommen aus Walchsee, Hopfgarten, Lofer und Bayern.

Die Branche jammert, aber Sie haben ihr Team für den Winter schon zusammen. Was sind die Kriterien dafür?
Zum einen die Arbeitsbedingungen. Wir schreiben die Überstunden ordentlich auf. Es gilt prinzipiell die 5-Tage-Woche mit 45 Stunden, ausnahmsweise 48. Ohne freien Tag durcharbeiten gibt es nicht. Für die Leute ist ein gesunder Rhythmus wichtig, dazu gehören auch ordentliche Unterkünfte.

Und auch einige Extras, die besonders sind?
Ich überlege mir für die Zukunft weitere Benefits – etwa ein E-Auto, das wie beim Car-Sharing alle Mitarbeiter nutzen können. Dass Essen und Kaffee gratis sind, ist ohnehin selbstverständlich. Wir übernehmen Fortbildungskosten und unternehmen auch gemeinsam etwas. Dann hilft auch die Mundpropaganda, wie bei meiner ehemaligen Barfrau, die via Facebook eine Nachfolgerin vom tollen Job überzeugen konnte.

Wie wichtig ist das Menschliche dabei?
Der Teamgeist und die Wertschätzung für den Mitarbeiter kommen noch vor dem Geld. Man muss die Leute zum eigenständigen Arbeiten motivieren, Fortschritte erkennen und loben. Dem Lehrling darf ich nicht nur Hilfsarbeiten zuteilen. Wenn er sich bemüht, verzeihen die Gäste auch einmal einen Fehler. Zuletzt habe ich einen 59-Jährigen eingestellt. Er flitzt vielleicht nicht so herum wie ein 20-Jähriger, arbeitet dafür aber überlegter.

Welche Jobs sind am schwierigsten zu besetzen?
Im September und Oktober habe ich Abwäscher gesucht – sauberes Geschirr oder die Frage, wer die Toiletten in Ordnung hält, sind essenziell in einem Hotel. In der Küche habe ich nun zwei junge Afghanen als Lehrlinge im 1. und 2. Jahr – und es klappt sehr gut.

Was erwarten Sie sich von der Politik?
Manches sollte einfacher gehen. Ich wollte zwei Asylwerber einstellen, aber sie haben ja keine Arbeitsbewilligung. Daher habe ich versucht, dass sie in das Saisonnierkontingent fallen. Bis heute gab’s keine Antwort.

Wie optimistisch blicken Sie in die Zukunft?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich meinen Kindern diese Branche empfehlen kann. Ich freue mich zwar jeden Tag über meinen Beruf, aber die Wertschätzung dafür, was wir im Hotel täglich leisten, fehlt seitens der Allgemeinheit häufig.

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