Flüssige Übeltäter

Wassertröpfchen “killen” schützende Ozonschicht

Wissenschaft
01.02.2010 10:42
In polaren Eiswolken können Eiskristalle auch bei minus 90 Grad Celsius von einer flüssigen Wasserschicht umgeben sein. Das haben Chemiker um Anatoli Bogdan und Thomas Lörting vom Institut für Physikalische Chemie der Uni Innsbruck unter Beweis stellen können. Sie lieferten damit eine Erklärung für einen wichtigen Mechanismus bei der Entstehung des Ozonlochs.

Denn in dem flüssigen Mantel laufen chemische Reaktionen ab, bei denen jene Chlorverbindungen entstehen, die maßgeblich zur Zerstörung der Ozonschicht beitragen.

Bogdan und Lörting arbeiteten zuletzt bei Mario Molina am Massachusetts Institute of Technology in den USA. Der Mexikaner, der bereits 1974 Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) als Ozon-Killer vorhergesagt hatte, war 1995 für die Erforschung des Abbaus und der Wiederbildung der Ozonschicht mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet worden. Man wusste, dass die FCKW in die Stratosphäre zwischen zehn und 50 Kilometern Höhe aufsteigen, durch UV-Licht aufgespalten werden und sich dabei die für die Ozonschicht schädlichen Chlorverbindungen bilden.

Normalerweise liegen diese aber als inaktive Verbindungen vor, erst in polaren Eiswolken werden sie in aktive Verbindungen umgewandelt. Deshalb entsteht alljährlich nur über den beiden Polen das Ozonloch. Unklar war bisher, was genau in den polaren Eiswolken passiert, das diesen Prozess anstößt.

Gefrierprozess im Labor simuliert
Bisher ging man davon aus, dass die Kristalle in den Eiswolken vollständig gefroren sind. Nun ist es aber Lörting und seinem Team gelungen, den Gefrierprozess im Labor zu simulieren. Die Wissenschaftler haben dazu Wassertröpfchen mit der gleichen chemischen Zusammensetzung wie in den Eiswolken verwendet und diese langsam auf die Temperaturen der Stratosphäre über den Polen abgekühlt. "Wir konnten dabei beobachten, dass sich die Eiskristalle im Inneren der Tröpfchen bilden und auch bei minus 80 oder 90 Grad Celsius ein flüssiger Mantel erhalten bleibt", so Lörting.

Der Grund dafür sind die in den Tröpfchen enthaltene Salpetersäure und Schwefelsäure. Diese reichern sich nach Bildung der Eiskristalle in der verbleibenden Flüssigkeit an und wirken als Frostschutz. In diese flüssige Schicht werden auch die verschiedenen Spaltungsprodukte von den FCKW aufgenommen. "Weil chemische Reaktionen in flüssigem Wasser immer schneller und besser ablaufen, bildet die Flüssigkeitsschicht ein ideales Milieu für chemische Reaktionen", so Lörting.

Dies könnte die rasche Bildung der ozonabbauenden Chlorverbindungen erklären. Wenn es nach den kalten Polarnächten wieder wärmer wird über den Polen, verdampfen die Eiswolken, und die aktiven Chlorverbindungen werden frei. Sie können dann das Ozon in Sauerstoff umwandeln und damit die Ozonschicht in der Stratosphäre zerstören, die die Erde vor dem UV-Licht der Sonne schützt.

In weiteren Untersuchungen will Lörting die eiskalten Tröpfchen noch genauer untersuchen. So soll geklärt werden, wie dick die Flüssigkeitsschicht um die Eiskristalle tatsächlich ist und wie schnell chemische Reaktionen darin ablaufen.

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