Racheakte angekündigt

Polizei-Großeinsatz zum Start von Hadishat-Prozess

Österreich
19.12.2018 06:00

Sind die Aussagen in den Gesprächen mit Psychiatern glaubwürdig, dann gleicht das Gehirn des wegen Mord an einer Siebenjährigen angeklagten Robert K. (16) einem Horrorkabinett. Mit dem Messer in der Hand sei er sogar schon am Bett der schlafenden Mutter gestanden, weil Stimmen es ihm befahlen. Am Mittwoch beginnt der aufsehenerregende Prozess um den tragischen Tod der kleinen Hadishat. Ein Kernthema der unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen stattfindenden Verhandlung wird sein, ob der Angeklagte als zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig eingestuft wird oder nicht.

Die Stimmen, die der 16-Jährige hörte, ziehen sich wie ein roter Faden durch beide bisher vorliegenden Gutachten. Doch während Psychiater Peter Hofmann meint, der Angeklagte habe zur Tatzeit an einer Persönlichkeitsstörung gelitten, sei aber zurechnungsfähig gewesen, meint Kollege Werner Gerstl das Gegenteil.

Ist der Angeklagte schi­zo­phren?
Er zitiert zum Beweis auf fast 70 Seiten seines Gutachtens die Gespräche mit Robert K. Unfassbar für den Laien, doch laut dem Linzer Sachverständigen seien dies alles Symptome einer wohl bereits im Alter von neun Jahren ausgebrochenen Schizophrenie.

Imaginäre Freundin
Robert K. erzählt von einer „Freundin“. Antonia Weißenberg, die er jahrelang gesehen und geliebt haben will. Doch wie Polizisten herausfanden, gab es das Mädchen nicht. Eine Halluzination, die sein kranker Geist ihm vorgegaukelt hat. Er kann „Antonia“ genau beschreiben: „Blond, rote Augen, goldenes Haar.“

Zum Mord an der kleinen Hadishat, dem Kind aus dem Nebenhaus, hätten ihn Stimmen veranlasst, gegen deren Befehle er sich nicht wehren konnte. Sehr wohl aber habe er zurückgeschreckt, als er auch seine Mutter töten sollte. Robert K. im O-Ton: „Ich konnte es einfach nicht.“

Racheakte angekündigt
Der Mordprozess gegen den 16-Jährigen findet am kommenden Mittwoch unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Justiz und Verfassungsschutz sind um die Sicherheit des Angeklagten besorgt. Nach der aufsehenerregenden Bluttat in einer Döblinger Gemeindebau-Anlage hatten Angehörige und Personen aus dem Umfeld der betroffenen tschetschenischen Familie Blutrache geschworen. Der Tatverdächtige wurde daher nach seiner Festnahme in ein Gefängnis bzw. in eine psychiatrische Einrichtung in einem anderen Bundesland verlegt.

Aktuell sollen sich ein Cousin und ein Onkel der Getöteten in der Justizanstalt Josefstadt in Haft befinden. Einer der beiden wurde erst vor Kurzem wegen Raubes und anderer Delikte erstinstanzlich verurteilt. Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung geht davon aus, dass der junge Mann zu den gefährlichsten Mitgliedern der tschetschenischen Community in Wien zählt.

Hadishats Vater weiterhin flüchtig
Der Vater der getöteten Siebenjährigen saß wiederum zuletzt in Südtirol wegen Schlepperei im Gefängnis. Im Juni kehrte er von einem genehmigten Freigang nicht in die Justizanstalt zurück. Seither ist er von der Bildfläche verschwunden. Angeblich soll er sich nach Tschetschenien abgesetzt haben, wo die Leiche seiner Tochter bestattet wurde. Es wird allerdings befürchtet, der Mann könne versuchen, zur Verhandlung gegen den 16-Jährigen zu erscheinen.

Leibwächter für Verteidigerin
Die Verteidigerin des 16-Jährigen, Liane Hirschbrich, war am Montagabend nicht erreichbar. Dem Vernehmen nach soll die Anwältin zur Hauptverhandlung zwei Leibwächter angeheuert haben, die ihre körperliche Unversehrtheit garantieren sollen.

Peter Grotter, Kronen Zeitung

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