Poker um Brexit-Deal

Britische Presse tobt: „Die EU hat May gedemütigt“

Ausland
14.12.2018 11:58

Die EU will sich im Poker um einen Brexit-Deal mit Großbritannien weiterhin nicht erpressen lassen. Am EU-Gipfel am Donnerstag wurde Premierministerin Theresa May zwar eine Reihe von Zusicherungen gemacht, diese blieben aber rechtlich unverbindlich. Die britische Presse fand für das Verhalten von Brüssel wenig freundliche Worte: „Die EU hat May gedemütigt“, schrieb etwa die Londoner „Times“.

Auch in anderen Zeitungen wurde der Versuch Mays, Zugeständnisse in Brüssel zu erreichen, als Rückschlag gedeutet. Dem „Guardian“ zufolge war die Reaktion aus Brüssel auf die Bitte der Premierministerin ein „vernichtender Schlag“ für ihre Hoffnungen, den Deal zu retten.

Offene Grenze in Irland als großer Streitpunkt
May hatte eine für diese Woche vorgesehene Abstimmung im Parlament kurzfristig verschoben, weil sich eine klare Niederlage abzeichnete. Sie wollte in Brüssel „Zusicherungen“ über die als Backstop bezeichnete Garantie für eine offene Grenze in Irland erreichen. Die Regierung will nun erst im Jänner abstimmen lassen. „Es sieht so aus, als hätte die Premierministerin darin versagt, bedeutungsvolle Veränderungen zu ihrem Brexit-Deal zu liefern“, twitterte der Brexit-Sprecher der oppositionellen Labour-Partei, Keir Starmer. Er forderte noch vor Weihnachten eine Abstimmung zu dem Abkommen.

May will weitere Gespräche mit EU-Partnern führen
Vize-Regierungschef David Lidington räumte ein, dass die EU-Zusicherungen der Regierung in London nicht reichten. May werde in den nächsten Tagen und Wochen weitere Gespräche mit den EU-Partnern führen, sagte er der BBC. Der Backstop trifft bei Brexit-Hardlinern im britischen Parlament auf heftigen Widerstand. Sie fürchten, das Land könnte damit dauerhaft im Orbit der EU gehalten werden. Die Regelung sieht vor, dass ganz Großbritannien notfalls so lange in der europäischen Zollunion bleibt, bis eine andere Lösung gefunden ist. Nach Ansicht der Brexit-Hardliner sollte der Backstop ganz aus dem Abkommen entfernt werden oder zumindest ein Ablaufdatum erhalten. Die EU lehnt aber jegliche Nachverhandlung am rechtlich verbindlichen Vertragstext des Austrittsabkommens ab.

In einer Gipfel-Erklärung sicherten die 27 übrigen Staats- und Regierungschefs Großbritannien am Donnerstag zu, dass die Anwendung des Backstops wenn irgend möglich vermieden werden soll. Sollte er doch gebraucht werden, „würde er nur befristet angewandt, bis er durch eine Folgelösung ersetzt würde“. Die EU würde alle Kräfte einsetzen, um ein Folgeabkommen schnell zu verhandeln und abzuschließen. Das reicht nach Ansicht vieler Kommentatoren aber bei Weitem nicht aus, um den Widerstand im britischen Parlament zu überwinden.

„Wir brauchen eine Entscheidung der Briten“
Wie der Europäische Gerichtshof in dieser Woche entschied, könnte Großbritannien einseitig, also ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder, den Brexit auch noch komplett stoppen. „Wir brauchen eine Entscheidung der Briten, um weitermachen zu können“, betonte der rumänische Präsident Klaus Iohannis am Freitag. „Der Druck liegt nicht bei uns, der Druck liegt in Großbritannien“, sagte er. Eine bessere Aufklärung der britischen Politiker über die Realitäten würde helfen.

Kurz: Brexit ohne Abkommen wäre zum Schaden Großbritanniens“
Bundeskanzler Sebastian Kurz betonte am Freitag erneut, dass die EU-27 nicht bereit seien, das Austrittsabkommen aufzuschnüren. Die 27 Staaten hätten aber auch festgestellt, „dass der Backstop, die Lösung zu Nordirland, auf keinen Fall eine dauerhafte sein soll“, sondern nur vorübergehend. Er hoffe, dass das einen Beitrag leiste, einen „Hard Brexit“ zu verhindern. Ein Brexit ohne Abkommen wäre vor allem zum Schaden Großbritanniens, sagte Kurz.

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