Ein Jahr Türkis-Blau:

Derzeit kaum Stolpersteine für Regierung absehbar

Österreich
09.12.2018 10:15

Meinungsforschern und Politikwissenschaftlern zufolge kann die türkis-blaue Regierung nach ihrem ersten Jahr recht entspannt in die Zukunft blicken. Stolpersteine für ÖVP und FPÖ seien derzeit kaum absehbar, lautet die Ansicht von Experten. Problematisch werden könnte für die Koalition aus heutiger Sicht vor allem eine Änderung der äußeren (wirtschaftlichen) Rahmenbedingungen. Sowohl die ÖVP als auch die FPÖ liegen in den Umfragen seit dem Urnengang vom 15. Oktober 2017 in der Wählergunst aber stabil.

Die ÖVP konnte in den meisten Erhebungen nach ihren 31,47 Prozent vom Wahltag noch eine leichte Tendenz nach oben verzeichnen, vor allem seit Übernahme des EU-Ratsvorsitzes Mitte des Jahres. Jüngste Umfragen wiesen Werte bis zu 35 Prozent für die „Neue Volkspartei“ aus. Die FPÖ kam in den meisten veröffentlichten Umfragen in etwa auf ihre 25,97 Prozent vom Urnengang bzw. etwas darunter, allerdings gab es auch einzelne Erhebungen mit größeren Abweichungen (mit Werten zwischen 22 und 29 Prozent).

Stabile Lage in der Wählergunst
Die Gründe, dass ÖVP und FPÖ recht stabil in der Wählergunst liegen, sind vielfältig, wie etwa Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer (OGM) erläuterte. So trage die aktuelle Koalition - im Gegensatz zu Rot-Schwarz zuvor - ihre Differenzen nicht öffentlich aus: „Es gibt keinen Streit, keine gegenseitige Blockade, und daher gibt es in der Wahrnehmung keinen Stillstand, sondern genau das Gegenteil.“ Dazu präsentiere die Regierung regelmäßig neue Vorhaben. Dies sieht auch Peter Hajek („Public Opinion Strategies“) so: „Sie wickeln ihr Programm ziemlich klar ab.“ Und dies werde dank „sehr professioneller Kommunikation“ auch sichtbar.

Klare Rollenverteilung in der Regierung
Auch für den Politologen Peter Filzmaier ist in der Kommunikationsarbeit und der demonstrativ nach außen getragenen Harmonie ein Teil der hohen Zustimmungsraten von Türkis-Blau begründet. Mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gebe es eine klare Nummer eins und mit Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eine klare Nummer zwei. Eine solch eindeutige Rollenverteilung habe unter Schwarz-Blau I mit dem damaligen FPÖ-Obmann Jörg Haider definitiv nicht existiert, zog Filzmaier einen Vergleich.

Chemie zwischen Kurz und Strache passt
Gleichzeitig würden sich jetzt aber auch die Minister der Regierungslinie klar unterordnen. Die FPÖ wiederum begnüge sich mit der Regierungsbeteiligung und dem Vizekanzleramt. Ziel der Freiheitlichen sei eine Fortsetzung der Koalition nach der laufenden Legislaturperiode, daher könne die Partei mit gemäßigten Stimmenverlusten auch leben, so Filzmaier - denn Platz eins sei ohnehin außer Reichweite. Ebenfalls zum Erfolg beitragen würde, dass sich Kurz und Strache persönlich gut verstehen, sagte Hajek: „Die Chemie zwischen den beiden Spitzenkräften passt.“

„Man schweigt sich den Partner schön“
Das bedeute aber nicht, dass es keine Diskussionen innerhalb der Koalition gibt, so die Experten. Man trage das jedoch nicht nach außen. Zurückhaltend agiere die ÖVP auch beim Auftauchen von „rechtsrechten Einzelfällen“ in der FPÖ, so Filzmaier. Es gebe dann von ÖVP-Chef Kurz lediglich „dürre Wörter“. Als Beispiele dafür nannte Filzmaier etwa die NS-Liederbuch-Causa der Burschenschaft Germania. „Man schweigt sich den Partner schön und sagt möglichst nichts mehr dazu“, so Filzmaier.

Rahmenbedingungen, „die man sich nur wünschen kann“
Zum guten Stand bei der Wählerschaft tragen laut Bachmayer auch Rahmenbedingungen bei, „die man sich nur wünschen kann“, sagte er mit Blick auf die gute konjunkturelle Lage. Die Wirtschaft entwickle sich gut und die Arbeitslosigkeit sinke - Themenfelder, auf die die Regierung freilich nur bedingt Einfluss nehmen könne, wie Filzmaier anmerkte. Zusätzlich schaffe es Kurz, die aktuelle EU-Ratspräsidentschaft gut für seine Imagepflege zu nutzen. Die dadurch entstehenden internationalen Kontakte lieferten „schöne außenpolitische Bilder“, sagte Bachmayer.

Video: Regierungskoordinator Hofer zufrieden

Funktionierende Koordinierung, eine enge und gute Zusammenarbeit, kein Streit - so beschreibt auch FPÖ-Regierungskoordinator und Verkehrsminister Norbert Hofer das Koalitionsklima nach einem Jahr Türkis-Blau (siehe Video oben). Der große Unterschied zur früheren ÖVP-FPÖ-Koalition sei, dass Türkis-Blau keinen Jörg Haider als Opposition in der Regierung habe, erklärt Hofer.

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