Eine Märtyrerin

„Cold Case“ der Heiligen vom Hemmaberg geklärt

Kärnten
06.12.2018 12:48

Nach 27 Jahren ist ein „Cold Case“ vom Hemmaberg gelöst: Im Jahr 1991 wurde unter einem Kirchenaltar ein Skelett entdeckt. Zwei Jahre lang haben die Kärntner Archäologin Sabine Ladstätter und ihre Kollegin Michaela Binder die Knochen untersucht. Und sie konnten deren Identität klären: Sie sind 1800 Jahre alt und gehörten der vermutlich ältesten Heiligen Österreich. 

Dass die Frau zu Lebzeiten sehr verehrt wurde beweist die Beisetzung in einem Reliquienschrein. Bis auf den Namen konnten die Wissenschafterinnen eine Menge über die Tote herausfinden: Aufgrund von DNA-Untersuchung, C14-Analyse sowie Isotopenuntersuchungen der Knochen war die Frau 35 bis 50 Jahre alt und kam vermutlich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Dort gab es bereits sehr frühe christliche Gemeinden.

Sabine Ladstätter in einem Interview mit der „Krone“: „Sie hatte Kinderkrankheiten und musste Zeit ihres Lebens offenbar hart arbeiten. Das erkennen wir an Knochen, die Spuren von Muskelentzündungen tragen.“ Die Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts in der Akademie der Wissenschaften ist überzeugt: „Sie war sicher eine Märtyrerin. Sie wurde von den Menschen sehr verehrt und war für sie so wichtig, dass man ihre Geschichte über Jahrhunderte erzählte.“

Und die Unbekannte hat den Hemmaberg erst zu dem Wallfahrtsort gemacht, der er war: „Sie wurde 400 Jahre nach ihrem Tod am Hemmaberg zur allerletzen Ruhe gebettet. Man hat ihre Reliquie hierher gebracht, und diese hat dann Pilger angezogen“ Und diese Wallfahrer kamen von weit her. So etwa auch aus Aquileia. Ladstätter: „Wir wissen, dass der Schrein dort in Auftrag gegeben worden ist.“

Woran die unbekannte Heilige verstorben ist, lässt sich nicht sagen: Laut Ladstätter ist sie jedoch definitiv nicht verbrannt worden. Die Klagenfurterin, die bekanntlich Grabungsleiterin in der antiken Stadt Ephesos ist: „Ich bin dankbar, dass das Skelett im Museum von Globasnitz so gut aufbewahrt worden ist. Das gab uns die Möglichkeit, es zu untersuchen.“

Mit der Unbekannten hat das „Dreimäderlhaus“ am Hemmaberg Zuwachs bekommen. War der Ort bisher doch mit den beiden Heiligen Hemma und Dorothea sowie der Pestheiligen Rosalia verbunden. „Aber unsere namenlose Heilige war die erste, die dort verehrt wurde“, freut sich Sabine Ladstätter. Und weiter: „Man kann ihre Gebeine übrigens ansehen. Sie sind in der Kirche.“

Ihre Ergebnisse präsentieren die beiden Forscherinnen im Buch „Die Heilige vom Hemmaberg. Cold Case einer Reliquie“, erschienen im Verlag Holzhausen.

Hemmaberg - Pilgerort

Der Hemmaberg in Kärnten war im 6. Jahrhundert ein florierender christlicher Wallfahrtsort mit intensiven Verbindungen nach Oberitalien. Der starke Zustrom an Pilgern gipfelte im Neubau von zwei Doppelkirchenanlagen, zahlreichen Pilgerunterkünften, Platzanlagen und Nebengebäuden. Da die Bedeutung frühchristlicher Pilgerheiligtümer unmittelbar mit der Strahlkraft der dort verehrten Heiligen verbunden war, wurden auch am Hemmaberg mehrere Kirchen mit Reliquien ausgestattet.

Serina Babka
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