"Mammutaufgabe"

Regierung fährt radikalen Sparkurs über 5,8 Mrd. Euro

Österreich
26.01.2010 12:43
Die Bundesregierung hat am Dienstag im Ministerrat ein Stabilitätsprogramm beschlossen, das gemäß EU-Vorgaben das heimische Budgetdefizit bis 2013 unter die 3-Prozent-Maastricht-Grenze senken soll. Konkret soll das Defizit von 4,7 Prozent im Jahr 2010 auf 2,7 Prozent 2013 gedrückt werden. Der Einsparungsbedarf beziffert sich damit auf brutto 5,8 Milliarden Euro. Finanzminister Josef Pröll sprach nach der Sitzung von einer "Mammutaufgabe".

Einen Konsolidierungspfad in dieser Höhe habe es bisher noch nie gegeben. Er betonte, dass dabei ein "ausgabenseitiger Schwerpunkt" zu setzen sei. Kommende Steuererhöhungen schloss er zwar nicht aus, bekräftigte aber: "Wer heute über Steuererhöhungen diskutiert, nimmt den Druck von Strukturänderungen." Einsparen will Pröll vor allem in der Verwaltung.

Doppelbudget für 2012 und 2013 geplant
Pröll definierte die weitere Vorgangsweise: Erster Schritt ist die politische Einigung über das Bundesfinanzrahmengesetz, die im März erfolgen und im Mai im Parlament beschlossen werden soll. Dieses macht den Ressorts Vorgaben für ihre Ausgabenplanung. Im weiteren soll im Spätherbst über das Jahresbudget 2011 Einigung erlangt werden. Für 2012 und 2013 soll es ein Doppelbudget geben, das 2011 beschlossen werden soll.

"Sparpotenziale offensiv aufgreifen"
Bundeskanzler Werner Faymann zeigte sich stolz darauf, in dieser Frage in der Koalition Einigkeit erzielt zu haben. Es sei durch alle Bereiche entscheidend, "dass wir Sparpotenziale offensiv aufgreifen". Gleichzeitig pochte er auf die Bedeutung des Sozialsystems und der Bildungschancen in Österreich. Faymann sprach allerdings auch von "sinnhaften Einnahmenpositionen", die zu diskutieren seien.

Konkret nannte er einmal mehr eine Finanztransaktionssteuer, diese sehe er nicht im Widerspruch mit einer "Banken-Solidarabgabe". Auch Pröll zeigte sich der Finanztransaktionssteuer nicht abgeneigt. Er sehe Chancen für eine Realisierung und einen möglichen Beitrag zur Budgetkonsolidierung in Österreich aus dieser Position.

Kein "neuer Schuldenrucksack für unsere Kinder"
Pröll erklärte, das Stabilitätsprogramm sei Basis für gesundes Wachstum und es dürfe keinen "neuen Schuldenrucksack für unsere Kinder" geben. Die Einsparungserfordernis ist aus Prölls Sicht durchaus realistisch. Schon Mitte der 90er-Jahre habe man innerhalb eines Jahres 2,7 Milliarden Euro sparen müssen. Die Aufgabe sei also realisierbar, und er sei froh darüber, dass Österreich anderen EU-Staaten in dieser Frage voraus sei, so der Finanzminister.

FPÖ befürchtet Steuererhöhungen nach Landtagswahlen
Bei der Opposition ist das Stabilitätsprogramm auf breite Kritik gestoßen. Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist das Programm ein klares Zeichen dafür, dass schon im Herbst nach den Landtagswahlen kräftige Steuererhöhungen für die breite Masse zu erwarten seien. Bis dahin versuche die Bundesregierung, den Menschen Sand in die Augen zu streuen, kritisierte er in einer Aussendung. Stattdessen brauche es ein Liquiditätsprogramm für den heimischen Mittelstand.

Auch BZÖ-Chef Josef Bucher sah Anlass zur Warnung. SPÖ und ÖVP werde nichts anderes einfallen, als die Steuern zu erhöhen oder neue Steuern einzuführen, prophezeite er. Er verwies auf das "Österreich-Sparbuch" seiner Partei, das realistische Einsparmöglichkeiten in der Höhe von 7,2 Milliarden Euro zeige.

Grüne sprechen von Fantasiepfad der Regierung
Keinen Budget-, sondern einen Fantasiepfad der Regierung ortete der Budgetsprecher der Grünen, Werner Kogler. Die Behauptung, über die Verwaltungsreform einen Sparbeitrag leisten zu können, bleibe so lange lächerlich, als sich Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll von ihren reformunwilligen Landeshauptleuten auf der Nase herumtrampeln ließen. Es blieben also nur milliardenschwere Kürzungen bei Sozialleistungen, warnte er.

Leitl pochte auf das richtige "Timing". Zunächst gehe es darum, dass die Wirtschaft wieder auf Touren komme. "Zugleich müssen wir jetzt alle notwendigen Einsparungen und Effizienzsteigerungen bei Verwaltung, Schul- und Gesundheitsbürokratie und Pensionssystem vorbereiten", erklärte er. Die Wirtschaftskammer unterstütze den ausgabenseitig angelegten Sanierungspfad des Finanzministers. Man spreche sich weiterhin strikt gegen Steuererhöhungen aus, wurde betont.

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