Sachkunde für alle

Tierärztekammer begrüßt Wiener Hunde-Novelle

Tierecke
04.12.2018 13:06

„Wir begrüßen die aktuelle Debatte um einen qualitätsvollen Umgang zwischen Mensch und Tier in der Hundehaltung. Die in letzter Zeit gehäuft auftretenden Zwischenfälle mit lebensgefährlichen Bissverletzungen durch Hunde haben uns gezeigt, dass Handlungsbedarf besteht,“ erklärt Kurt Frühwirth, Präsident der Österreichischen Tierärztekammer. In Wien müssen alle künftigen Hundebesitzer ab 1. Juli 2019 einen Sachkundenachweis im Umgang mit ihren Vierbeinern erbringen - das erforderliche Wissen sollen künftig speziell ausgebildete Veterinär vermitteln. Die Kammer vergibt ein eigens eingeführtes „ÖTK-Hundezertifikat“ nach bayrischem Vorbild.

Einmal mehr hat der Wiener Landtag das Tierhaltergesetz verschärft. Demnach wurde eine generelle Leinen- und Beißkorbpflicht für Listenhunde eingeführt. Ausnahmen gibt es etwa für Hundeparks mit Einzäunung, in Auslaufzonen ohne Einzäunung gilt keine Leinenpflicht. Auch die bereits öfter genannte Alkoholgrenze von 0,5 Promille für Listenhundebesitzer kommt. Weiters wird es eine Verschärfung beim Hundeführschein geben - etwa eine Wiederholung der Prüfung und zusätzlich vorgeschriebene Trainingseinheiten.

Verpflichtende Hundekurse
Wer sich in Wien ab dem 1. Juli 2019 dafür entscheidet, einen Hund zu adoptieren, muss vor der Anschaffung einen verpflichtenden Sachkundenachweis, also einen verbindlichen Einführungskurs, absolvieren. „Wir unterstützen die Anstrengungen, eine standardisierte Ausbildung für künftige Hundebesitzer umzusetzen, “ so Frühwirth und meint weiter, „wir Tierärzte haben auch festgestellt, dass hier unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Umso mehr, weil es neben verhaltenstypischen auch medizinische Fakten gibt, über die man als Hundebesitzer informiert sein muss. In diesen Fragen sind wir Tierärzte die richtigen Ansprechpartner.“

Neues Zertifikat für Tierärzte
Für den verpflichtenden Sachkundenachweis hat die Tierärztekammer daher nun ein Modell präsentiert, das sogar bundesweit einheitlich gelehrt und geprüft werden soll. Veterinäre mit Zusatzausbildung sollen ab Jahresbeginn ihr Wissen an Hundehalter und solche, die es werden wollen, weitergeben. Im Zentrum steht dabei ein prophylaktischer Ansatz. „Uns ist es wichtig, dass man sich verpflichtend vor der Anschaffung Gedanken macht“, erklärte Frühwirth. Er begrüßt „die aktuelle Debatte um einen qualitätsvollen Umgang zwischen Mensch und Tier in der Hundehaltung.“

Hundewissen schützt vor Bissen
Das sogenannte ÖTK-Hundezertifikat wurde nach dem Vorbild der Bayerischen Tierärztekammer, die bereits seit mehreren Jahren solche Kurse erfolgreich anbietet, gestaltet. Bei der Überarbeitung war auch die Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz eingebunden - dazu erklärt die Leiterin Martina Dörflinger: „Als unabhängige Stelle haben wir die Unterlagen zum ÖTK-Hundezertifikat eingehend auf die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis überprüft und im Zuge eines ausführlichen Gutachtens als tierschutzkonform bestätigt. Das ÖTK-Hundezertifikat stellt eine umfassende Ausbildung dar, die den Hundehaltern sowohl den sicheren Umgang mit dem Hund als auch die essentiellen rechtlichen Regelungen für eine tierschutzkonforme Hundehaltung in Österreich vermittelt“.

Prophylaktischer Ansatz der Initiative
„Uns ist es auch wichtig, dass man sich verpflichtend vor der Anschaffung eines Hundes entsprechende Gedanken macht und sich tierspezifisches Wissen aneignet - dazu gehört auch die Auswahl einer, für die Lebenssituation passende Hunderasse und auch die konsequente Vermeidung von Qualzuchten“, betont Frühwirth. Erik Schmid, Fachtierarzt für Tierhaltung und Tierschutz und Mitinitiator des Sachkundenachweises, weiß über die gegenseitigen Missverständnisse im Umgang mit Hunden Bescheid: „Der Hund zeigt im Alltag Verhaltensmuster, die man als Besitzer richtig einschätzen und deuten lernen muss, etwa Zeichen von Aggression, Angst oder offensivem Drohen. Hinzu kommt, dass durch extreme Zuchtmerkmale, wie etwa durch zu kurze Schnauzen, Schlappohren oder enormen Gesichtsfalten die Ausdrucksmöglichkeiten des Hundes leider sehr eingeschränkt sind.“

Gesetze sind landesweit ein „Fleckerlteppich“
Auch zu den landesweit geltenden gesetzlichen Bestimmungen äußert sich Schmid abschließend: „Die Bestimmungen ähneln einem Fleckerlteppich. Von einer ‘Kampfhunde‘-Liste in Vorarlberg bis zum Hundeführschein in Wien schwanken die gesetzlichen Anforderungen an die Sachkunde des Hundehalters von 0 bis 10 Ausbildungsstunden und von freiwillig bis verpflichtend. Die Kriterien und Regelungen der Bundesländer sind dabei so unterschiedlich, dass sie kaum verglichen werden können - eine Vereinheitlichung wäre wünschenswert,“ so Schmid.

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