Hass gegen Frauen

Ex-Grüne: „Österreich verrohter als Deutschland“

Österreich
29.11.2018 17:29

Die ehemalige Grünen-Nationalratsabgeordnete Sigrid Maurer ist seit ihrem Ausscheiden aus dem Parlament zur Zielscheibe von Beschimpfungen und Hasskommentaren im Internet geworden. Heuer sorgte sie mit einem Prozess gegen einen Wiener Lokalbesitzer für mediales Aufsehen. Maurer hatte veröffentlicht, dass sie vom Besitzer via Facebook-Accout des Lokals obszöne Nachrichten bekommen habe. Der 40-Jährige bestritt, der Verfasser zu sein, und klagte Maurer erfolgreich auf üble Nachrede. In einem Interview ließ die 33-Jährige nun kein gutes Haar an der österreichischen Gesellschaft im Umgang mit Frauen im Internet und zog dabei Vergleiche mit Deutschland: „In Österreich ist mehr Hass, da geht‘s noch verrohter zu.“

Frauenfeindlichkeit sei laut Maurer ein Phänomen des Patriarchats und das existiere in unterschiedlichen Ausprägungen in allen Ländern. Journalistinnen, die verstärkt Ziel von Anfeindungen seien, hätten der Ex-Politikerin jedoch erzählt, dass es in Deutschland anders als in Österreich zugehen würde. „In Deutschland sind die Anfeindungen seltener extrem krass und mit Gewaltandrohungen verbunden“, sagte Maurer im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“.

„Mails aus Deutschland zumeist höflicher“
Auch sie selbst habe diese Erfahrungen bereits gemacht. „Ich habe neulich all die ganzen Mails abgearbeitet, die mir nach der Verurteilung geschickt wurden. Die aus Deutschland waren zumeist höflicher und präziser formuliert.“

Spitze gegen FPÖ
Auch gebe es ihr zufolge große charakterliche Unterschiede zwischen Politikern in Deutschland und Österreich. „In Österreich sagen Politiker Dinge, für die man in Deutschland schon dreimal zurückgetreten wäre. In Österreich bleibt das meistens aus. So etwas wirkt sich natürlich auch auf die Gesellschaft eines Landes aus. Es geht nicht nur um Sprachverrohung, sondern auch um rhetorische Fähigkeiten“, so Maurer. Es sei bezeichnend, dass AfD-Politiker „geradere Sätze herausbringen“ als das Spitzenpersonal der FPÖ.

„Das Wichtigste ist, alles sofort zu dokumentieren“
Im Interview gab Maurer auch Empfehlungen und Ratschläge für von Hasspostings betroffene Frauen. „Das Wichtigste ist, dass man alles sofort dokumentiert. Das bedeutet: Screenshots machen, Gedächtnisprotokolle anfertigen, andere Leute fragen, die die Belästigung mitbekommen haben.“ Zudem sollten Freunde ins Vertrauen gezogen werden. „Wenn alles dokumentiert ist, kann man eine Nacht darüber schlafen und sich in Ruhe überlegen, wie man weiter verfährt.“ Dennoch rät sie belästigten Frauen davon ab, den Täter offen anzuprangern. In manchen Fällen reiche es schon aus, wenn man Kontaktwege blockt oder einen Belästiger in sozialen Netzwerken meldet.

Spendensammlung gegen Hasspostings im Netz
Nach ihrem verlorenen Prozess hatte Maurer Mitte Oktober gemeinsam mit dem Verein ZARA eine Crowdfunding-Initiative für einen „Rechtshilfefonds gegen Hass im Netz“ ins Leben gerufen. Das gesteckte Ziel von 100.000 Euro wurde innerhalb von nur 38 Stunden erreicht. Mit dem gespendeten Geld wolle man Klagen finanzieren und Präzedenzfälle schaffen. Zwei Drittel der Menschen, die für die Crowdfunding-Initiative gespendet hatten, sind Männer. „Man sieht, dass sich etwas bewegt. Das ist kein Frauen-, sondern ein gesamtgesellschaftliches Thema“, so Maurer.

Allein im heurigen Jahr sorgten drei österreichische Politiker mit sexistischen Wortspenden für Wirbel - Ex-ÖVP-Mandatar Efgani Dönmez etwa, der auf Twitter behauptete, dass die Berliner SPD-Staatssekretärin Sawsan Chebli mit sexuellen Gefälligkeiten auf ihren Posten gekommen sei. Oder FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker, der im Parlament rief, dass die schwangere NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger „keine Jungfrau“ mehr sei.

Erst in der Vorwoche sorgte der designierte Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer für Aufsehen, indem er gegenüber der Grünen-Landesrätin Gabriele Fischer sagte, dass er sich diese „nicht in der Horizontalen vorstellen“ wolle.

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