"Grenzen setzen"

Jetzt geht es den US-Großbanken an den Kragen

Ausland
22.01.2010 19:09
Barack Obama will den Großbanken mit neuen, publikumswirksamen Handelsregeln Grenzen setzen. So sollen nach den Plänen des US-Präsidenten risikoreiche Geschäfte zur Gewinnmaximierung verboten werden. Die Ankündigungen verstärkten die Talfahrt der Wall Street. Vor allem Bankaktien und die Papiere von Börsenbetreibern verzeichneten Verluste. Ein Wirtschafts-Nobelpreisträger lobte den Plan hingegen.

"Wir müssen vernünftige Reformen beschließen, die den amerikanischen Steuerzahler und die amerikanische Wirtschaft vor künftigen Krisen beschützen", sagte Obama am Donnerstag.

Der Vorstoß kommt nicht von ungefähr: Viele Analysten führten die Niederlage der Demokraten bei der Wahl um den Senatssitz des verstorbenen Ted Kennedy am Dienstag auf eine Themenverfehlung der Demokraten zurück. Anstatt auf die mühsame Gesundheitsreform zu setzen, hätte man viel früher auf das Volksärgernis Nr. 1, die Spekulations-Banken und die Wall-Street-Haie, setzen sollen.

Der Verlust des Senatssitzes an den Republikaner Scott Brown bringt die Reform des Gesundheitssystems geöhrig ins Wanken. Die Demokraten haben die notwendige 60-Sitze-Mehrheit für eine zügige Umsetzung verloren und sind nun den "Erpressungs-Blockaden" der Reformgegner und Versicherungs-Lobbyisten schutzlos ausgeliefert.

Hedgefonds-Verbot für Banken
Obama will nun vor allem die exzessive Risikobereitschaft der Banken verringern, die das Finanzsystem zum Kollaps brachte. So sollen sie nicht mehr in Hedgefonds investieren, Anteile an ihnen halten oder sie fördern können. Der Präsident will, dass Banken unter anderem künftig keine Hedge-Fonds oder Aktienfonds, die nicht den Kunden dienen, besitzen oder in solche Fonds investieren dürfen. "Wenn die Banken von dem Sicherheitsnetz profitieren, das die Steuerzahler ihnen geben, ist es nicht angemessen, wenn sie dieses günstige Geld nehmen, um damit Profit zu machen."

Auch der Eigenhandel soll eingedämmt werden. Im Eigenhandel arbeiten die Institute für sich selbst und auf eigene Rechnung und nutzen dafür verschiedene Finanzinstrumente, um ihre Geschäftsergebnisse noch zu verbessern. Bei vielen Banken hat sich dieser Bereich in der Finanzkrise als großer Verlustbringer entpuppt, weil zahlreiche risikoreiche Geschäfte platzten. Als Reaktion hat etwa die Deutsche Bank nach den Rekordverlusten im Jahr 2008 ihren Eigenhandel systematisch zurückgefahren.

Eigenhandel als Auslöser der Finanzkrise
In der Vergangenheit hätten zu viele Finanzinstitute Steuergelder aufs Spiel gesetzt, um mit riskanten Geschäften schnell zu Geld zu kommen, sagte Obama. Das US-Präsidialamt macht den Eigenhandel als einen Auslöser der unkontrollierten Zockerei am Immobilienmarkt aus, die 2008 das gesamte Finanzsystem ins Wanken brachte. Der US-Steuerzahler sprang mit 700 Milliarden Dollar (500 Milliarden Euro) ein, um die wichtigsten Finanzinstitute zu stabilisieren. Die Wirtschaft glitt dennoch in die schlimmste Rezession seit den 30er-Jahren.

Im Zuge der Krise setzte Obama eine 16-köpfige Expertenkommission ein, um Lehren aus der Wirtschaftskrise zu ziehen. Den Vorsitz hat der frühere US-Zentralbankchef Paul Volcker inne. Er gilt als enger Vertrauter Obamas und hat sich in der Vergangenheit wiederholt kritisch zur exzessiven Handelspraxis von Banken geäußert. "Eine Bank, die einen Großteil ihrer Einnahmen aus dem Handel erzielt, sollte gar keine Banken-Lizenz bekommen."

"Firewall ist wichtig"
Obamas Pläne müssen noch vom Kongress abgesegnet werden. Die Parlamentarier beschäftigten sich seit längerem mit mehreren Vorschlägen zur strengeren Regulierung des Sektors. Der demokratische Senator Jeff Merkley hat gegenüber Reuters eine Trennung risikoreicher Geschäfte vom klassischen Bank-Geschäft vorgeschlagen. "Eine Firewall ist wichtig und muss in dem Gesetz stehen", sagte Merkley zu einem Gesetzesvorhaben, das derzeit im Bankenausschuss vorbereitet wird.

Lob von Nobelpreisträger
Der Ökonom und Wirtschaft-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz begrüßte Obamas Pläne. Die Lehre der Finanzkrise von 2008 sei, dass "auch Investmentbanken streng reguliert werden müssen", so Stiglitz am Freitag Reuters Insider TV.

"Wie immer bei Regulierungsfragen steckt auch hier der Teufel im Detail, aber das ist ein großer Schritt vorwärts, wenn man bedenkt, wie die Dinge zuletzt lagen." Obamas Vorschläge seien die Reaktion auf die übertriebene Risikofreude der Branche und die Probleme mit Banken, die zu groß geworden seien, um sie zusammenzubrechen zu lassen.

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