Katias Kolumne

Kopftuch: Wenn Parteipolitik Sachpolitik behindert

Österreich
21.11.2018 11:55

Die in regelmäßigen Abständen wiederkehrende Debatte rund um das Kopftuchverbot für Kinder ist seit dieser Woche also um eine faszinierende Facette reicher: Die größte Oppositionspartei im Parlament, die SPÖ, ist zwar dem Vernehmen nach gegen das Kopftuch bei den Kleinsten in unserer Gesellschaft, möchte aber dennoch einem entsprechenden Paragraphen, der eine Ausweitung des Gesetzes für Volksschulmädchen vorsieht, nicht zustimmen. Das klingt komisch, ist aber so.

Die Erklärung: Der Einzelvorschlag in Form eines „Husch-Pfusch-Gesetzes“ werde nicht die Lösung der Integrationsprobleme bringen, es brauche vielmehr ein Integrations-Gesamtpaket, über das man mit der Regierung sprechen möchte. Das ist durchaus richtig, geschenkt. Aber warum einzelne Gesetze ohne dazugehöriges, weitspanniges Großpaket plötzlich nicht mehr funktionieren sollen, ist verwunderlich. Schließlich waren andere isolierte, aber symbolträchtige Beschlüsse - man denke an die Töchter-Erweiterung der Bundeshymne ohne umfassendes Geschlechtergleichstellungspaket - unter roter Führung in der Vergangenheit kein unüberwindbares Problem. Aber so ändern sich wohl die Zeiten.

Es geht nicht um den Inhalt, sondern um den Absender
Viel wahrscheinlicher, als dass die SPÖ nun ihren neuen Stil in groß angelegten Gesamtpaketen gefunden hat, sind politstrategische Überlegungen, denn immerhin kommt die Forderung nach einem Kopftuchverbot für unmündige Mädchen vom logischen Feind der Opposition, der Regierung.

Die Zustimmung zu einer feindlichen Forderung - und ist sie auch noch so sinnvoll - wäre demnach ein Eingeständnis, dass vielleicht doch nicht jeder Vorschlag der Regierung so furchtbar schlecht und böse ist wie stets behauptet. Ein solches Hickhack mag zwar aus strategischer Sicht nachvollziehbar und auch der Wunsch nach einem umfassenden Integrationspaket durchaus löblich sein, das Nein zum Kinder-Kopftuchverbot als Einzelgesetz ist aber nichts anderes als lähmende und öde Parteipolitik, die niemanden weiterbringt, wohl nicht einmal die SPÖ selbst.

Schutz von Kindern steht über Polit-Strategie
Schließlich werden Parteipolitik und strategische Überlegungen auf dem Rücken junger Mädchen ausgetragen. Während eine erwachsene Frau frei entscheiden kann (und natürlich auch soll), wie sie ihre Religion ausüben möchte, entscheidet sich wohl kein minderjähriges Volksschulmädchen, das gerade lesen und schreiben lernt, freiwillig dafür, ein Kopftuch zu tragen. Dahinter stehen in den allermeisten Fällen islamisch-reaktionäre Eltern.

Und vor einem solchen illiberal-fundamentalistischen und auch klar antifeministischen Gesellschaftsbild sind unmündige Kinder ohne Wenn und Aber zu schützen, zur Not auch dann, wenn der Gesetzesvorschlag vom politischen Feind stammt.

Katia Wagner

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