Im Reich der Mitte

Präsident Fischer trifft chinesischen Staatschef Hu

Österreich
20.01.2010 18:41
Rot-weiß-rot-Beflaggung am Tiananmen-Platz: In der riesigen "Halle des Volkes" paradierte die Ehrengarde zum Empfang vor Staats- und Partei-Chef sowie Armee-Oberkommandierendem Hu Jintao und seinem Gast, Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer. Anschließend ging es zu den politischen Gesprächen. Der Präsident nutzte zuvor die Gelegenheit und ließ sich von seinen chinesischen Gastgebern einige Sehenswürdigkeiten in Peking zeigen (siehe Diashow in der Infobox).

Bei den Gesprächen der beiden Staatsoberhäupter nahmen wirtschaftliche Fragen einen wichtigen Platz ein: Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und China waren trotz der Krise im Jahr 2009 gut gelaufen – und so soll es durch intensivste Kontakte auf allen Ebenen auch bleiben. Während Österreichs Exporte weltweit um über 20 Prozent einbrachen, stiegen sie nach China um über fünf Prozent. Allerdings mit weiterhin enormem österreichischem Handelsbilanzdefizit mit dem Reich der Mitte.

Immer mehr Touristen aus China
Am Tourismussektor zeichnet sich ein positiver Trend ab: Im letzten Rechnungsjahr kamen 200.000 Chinesen nach Österreich, allerdings nur kurz im Rahmen einer Europarundreise. Auf der EXPO in Shanghai, wo 70 Millionen Besucher erwartet werden, will Österreich den Chinesen einen längeren Aufenthalt schmackhaft machen - unter anderem mit sauberer Natur und reiner Luft. China ist zu Österreichs drittgrößtem Tourismusmarkt außerhalb Europas aufgestiegen.

In den Gesprächen zum Bereich Wirtschaft deponierte Fischer auch den Wunsch nach einem Luftverkehrsabkommen, außerdem arbeite man an einem Investitionsschutzabkommen, erklärte der österreichische Präsident. Der Fischer begleitende Finanzstaatssekretär Andreas Schieder erhielt von seinen Gesprächspartnern die Antwort, dass "in den nächsten zwei Jahren kein Interesse an einer Wechselkursänderung besteht“. Chinas Währung gilt als vorsätzlich unterbewertet, was die Exporte noch mehr verbilligt.

Stabilität mit "Vorrang" vor Menschenrechten
Bundespräsident Fischer schnitt nach eigener Darstellung bei seinen Gesprächen mit Chinas Staatsoberhaupt eine ganze Palette von Menschenrechtsfragen an. Von der Todesstrafe über Dissidenten, Inhaftierungen bis zu Tibet und Uiguren, aber, so Fischer: "China bekennt sich zwar zu den Menschenrechten, aber ich habe die Antwort erhalten, dass die Aufrechterhaltung dessen, was man unter Stabilität versteht, absoluten Vorrang hat." Der Bundespräsident ergänzt: "Dazu ist man offenbar bereit zu opfern, was man bei uns zu Recht als Verletzung der Menschenrechte empfindet. Es wird sich zeigen, was die wirklich destabilisierenden Faktoren sind. Und das wird für die Weiterentwicklung Chinas nicht unwesentlich sein", schloss Heinz Fischer seine Überlegungen.

China sieht Nordkorea "nicht unkritisch"
Im internationalen Bereich kam der UNO-Sicherheitsrat aufs Tapet, wo Österreich derzeit als nicht-ständiges Mitglied sitzt. Das ständige Mitglied China hat seit Jänner den Vorsitz in dem wichtigsten Gremium der Staatengemeinschaft inne. Angesprochen wurden auch Probleme bezüglich Nordkorea und Taiwan. Hu sei laut Fischer "nicht unkritisch" gegenüber Nordkorea. In Sachen Taiwan - Peking erachtet die Insel als Bestandteil der Volksrepublik - werde in China laut Fischer eine Anwendung des Hongkong-Modells angedacht.

"Gast aus sehr weit entferntem Land"
Hu erklärte bei der Begrüßung der österreichischen Delegation, er "glaube, dass dieser Besuch einen neuen Beitrag für die bilateralen Beziehungen leistet". Er wisse es zu schätzen, dass Fischer - "Sie sind ein Gast aus einem sehr entfernten Land" - jetzt als Bundespräsident komme, sagte der Gastgeber in Anspielung auf dessen frühere Visiten im Reich der Mitte.

Fischer erinnerte seinerseits an sein Treffen mit Hu im Herbst am Rande der UNO-Generalversammlung in New York. "Das Tempo und die Art der Entwicklung in diesem Land interessieren mich sehr", so der Bundespräsident. Fischer lobte später das gute Gesprächsklima, auch im Vier-Augen-Gespräch beim Staatsbankett. Dort erklangen übrigens österreichische und chinesische Melodien, zum Abschluss der Radetzky-Marsch.

Umfangreiche Delegation begleitet Fischer
Der Bundespräsident war am Dienstag zu seinem fünftägigen Staatsbesuch  in Peking eingetroffen. Mit ihm reiste unter Leitung von WKO-Vizepräsident Richard Schenz auch eine umfangreiche Delegation von 120 Unternehmensvertretern nach China. Außerdem befinden sich die Minister Alois Stöger und Norbert Darabos, die Staatssekretäre Andreas Schieder und Christine Marek sowie der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer mit Fischer im Reich der Mitte.

von Kurt Seinitz (Kronen Zeitung) und krone.at

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