Auf Zielfernrohren

Aufregung um Bibel-Codes auf US-Gewehren

Ausland
20.01.2010 08:52
Den in den islamischen Ländern Irak und Afghanistan eingesetzten amerikanischen Soldaten ist jede Form von religiöser Werbung verboten. Aber die Firma, die die Zielfernrohre für die Präzisionsgewehre der Marines liefert, setzt sich seit langem über dieses Verbot hinweg. Wie der US-Sender ABC vor Kurzem enthüllte, lässt das Unternehmen Trijicon im Bundesstaat Michigan in codierter Form Verse aus der Bibel in die Geräte eingravieren.

So findet sich etwa die Zeichenfolge "JN 8:12" auf Zielfernrohren. Gemeint ist damit ein Spruch Jesu aus dem Johannesevangelium: "Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben." Der Code "2 COR 4:6" verweist auf den Zweiten Korintherbrief des Heiligen Paulus, in dem vom "göttlichen Glanz auf dem Antlitz Christi" die Rede ist.

Erinnerungen an "Kreuzzüge" von George Bush
Die Enthüllung des Senders löste heftige Debatten im Kongress aus. Die Liberalen warnten, die Muslime könnten sich durch die Codes der Trijicon an die vom früheren Präsidenten George W. Bush beschworenen "Kreuzzüge" gegen den Terrorismus erinnert fühlen. Auf diese Weise werde den Jihadisten neue Munition geliefert. Die Konservativen dagegen sehen kein erhöhtes Risiko für die Soldaten. Die codierten Bibelsprüche würden den Soldaten als Trost und zur Stärkung ihres Glaubens dienen, argumentieren sie.

"Spirituell umgewandelte Waffen von Jesus Christus"
Mikey Weinstein, Präsident einer NGO, die sich gegen religiösen Fanatismus beim Militär einsetzt, sieht die Sache freilich anders: "Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, wie die US-Öffentlichkeit reagieren würde, wenn statt der Bibelverse gute Sprüche aus dem Koran auf den Waffen eingestanzt worden wären." Außerdem berichtete der frühere US-Luftwaffenoffizier, er habe von einigen Soldaten gehört, dass Ausbildner die Gewehre wegen der Bibel-Codes als "spirituell umgewandelte Feuerwaffen von Jesus Christus" bezeichnet hätten.

800.000 Zielfernrohre pro Jahr
Trijicon, die für die Marines jährlich 800.000 Zielfernrohre liefert und weitere für die übrigen US-Streitkräfte produziert, erzielt damit Einnahmen von rund 600 Milionen Dollar. Den Vorwurf, versteckte religiöse Werbung zu betreiben, wies das Unternehmen zurück. Ein Sprecher betonte, der Gründer der Firma, der bei einem Flugzeugabsturz 2003 verstorbene Südafrikaner Glen Bunde, sei sehr religiös gewesen. Von seinen Mitarbeitern habe er verlangt, die Bibel zu studieren.

Unternehmen glaubt an "gerechte Kriege"
Die USA, so heißt es bei Trijicon, seien eine "gute Nation, weil ihre Werte auf den Lehren der Bibel basieren". Das Unternehmen stelle Kriegsgerät her, weil es an "gerechte Kriege" glaube.

Das Pentagon äußerte sich bisher nicht offiziell zu der Angelegenheit. Hinter vorgehaltener Hand hieß es jedoch, die Enthüllungen von ABC könnten das Leben der US-Soldaten in Afghanistan und im Irak in Gefahr bringen. Es sei nicht ausgeschlossen, dem Unternehmen die Beschriftung der Zielgeräte mit Bibel-Codes zu untersagen.

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