Vor Rennen in Kitz

Abfahrer-Mamas beten für ihre “wilden” Söhne

Sport
20.01.2010 08:10
Die gefährlichste Rennstrecke der Welt bittet wieder zum heißen Tanz! Auf der Kitzbüheler Streif wurden neue Helden geboren, aber fast ebenso viele der waghalsigen Downhiller wurden von Mausefalle, Steilhang, Hausberg oder Zielsprung brutal abgeworfen. Auch heuer fährt auf dem Hahnenkamm die Angst mit.

"Krone"-Reporter Peter Frauneder sprach deshalb mit den Müttern der derzeit besten Abfahrer Österreichs: wie sie bei den Rennen mitzittern, wie viel "Schnapserln" sie zur Beruhigung brauchen und wie sie für ihre "wilden" Söhne beten...

Maria Walchhofer: "Ich spüre, wie sein Herz rast"
Als ihr sechstes und jüngstes Kind zur Welt kam, war Gatte Rupert gerade bei einer Konzessions-Prüfung. Danach bestimmte er mit seinem Bruder Martin, einem Priester, bei einem Glas Bier den Namen des Buben. "Wir waren uns davor nicht einig gewesen", erinnert sich Maria Walchhofer (im Bild links mit ihrem Sohn), "aber mit Michael war ich sofort einverstanden, weil das einer der Erzengel ist."

Heute betet sie vor jedem Rennen zum Schutzengel ihres Sohnes. "Er hat mir einmal beschrieben, wie sehr er sich jedes Mal freut, wenn er im Starthaus steht. Als Mutter kann man da mit den Kindern sehr gut mitfühlen. Ich spüre fast, wie sein Herz schneller und schneller schlägt." Sie selbst ist vor den Rennen nicht wirklich nervös. "Man gewöhnt sich halt daran, es bleibt einem ja auch gar nichts anderes übrig."

Nur wenn Michael stürzt, was sie auch schon oft genug erleben musste, dann beginnt auch ihr Herz zu rasen. "'Bitte Michi, steh nur wieder auf', flehe ich dann", erzählt sie, "aber gefährlich war's schon, wie er als Kind über die Waldpisten ritterte. Er war meistens der Jüngste und musste sich umso mehr beweisen, weil sie ihn sonst nicht mehr mitgenommen hätten. Er kam immer ganz stolz heim." Wie heute nach seinen Erfolgen. "Aber das Wichtigste ist", sagt die Mama, "dass er gesund ins Ziel kommt – und ein bissl schnell sollt' er halt auch sein..."

Monika Kröll: "Ich schau lieber den Enkerln zu"
Seit zehn Jahren fährt der "Bulle aus Öblarn" schon im Weltcup. "Aber die Rennen, die ich seither von ihm gesehen habe", erzählt Monika Kröll (in der Bildmitte), "kann man an den Fingern einer Hand abzählen." Sie hat da ihr ganz eigenes Rezept gefunden. "Wenn er aus dem Starthaus fährt, drehe ich den Fernseher ab, dann zähle ich in Gedanken die Zeit mit – und wenn ich denke, dass er im Ziel sein müsste, drehe ich wieder auf."

Viel zu groß wäre die Aufregung, die Angst, wenn sie alles sehen würde. Und oft genug haben sie Fans ihres Sohnes schon gefragt: "Es ist schon für uns schlimm genug, aber was musst du erst alles mitmachen?" Etwa damals im März 2006, als Tim, der Sohn von Klaus, zur Welt kam. Und sich der frischgebackene Vater ausgerechnet am nächsten Tag schwer verletzte. "Freud und Leid", sagt Monika Kröll, "liegen wahrscheinlich selten wo so knapp beieinander wie im Abfahrtssport."

Als Klaus vor einem Jahr mit dem Super-G von Kitzbühel sein erstes Rennen gewann, war der Fernseher daheim auch abgedreht. "Als ich wieder eingeschaltet habe und ihn jubeln gesehen habe, sind mir die Tränen gekommen. Aber für mich ist er sowieso immer der Beste der Welt, auch wenn er nicht gewinnt. Aber viel lieber als ihm schau ich meinen Enkerln zu, wenn sie bei uns auf dem kleinen Hang herumrutschen – das ist weit ungefährlicher."

Anni Scheiber: "Ich flüchte auf ein Schnapserl"
Viel zu oft schon musste sie erfahren, dass sich Mario in seiner jungen Karriere verletzt hat. Aber wirklich gesehen hat Anni Scheiber (im Bild rechts) noch so gut wie kein Rennen ihres Sohnes. "Ich habe einfach nicht die Nerven dazu. Als Mutter leidet man da viel mehr mit. Aber der liebe Gott hilft mir dabei sehr." Ein, zwei Startnummern bevor Mario an die Reihe kommt, geht sie deshalb daheim in St. Jakob in Osttirol vom Wohnzimmer in die Küche.

"Ich zünde eine Kerze an, lege einen Schutzengel auf den Tisch und bete, dass nichts passiert." Und selbst wenn sie wie diese Woche in Kitzbühel live bei den Rennen ist, schaut sie bei der Fahrt ihres Sohnes nicht zu. "Ich flüchte meistens zu irgendeiner Bar auf ein Beruhigungsschnapserl."

Wild war Mario schon immer, auch als Kind. "Er war auf jedem Baum oben, ein richtig aufgeweckter Bub halt. Und als klar wurde, dass er Skifahrer werden will, hat immer die ganze Familie zusammengeholfen, dass das alles halbwegs klappt. An all die Gefahren habe ich damals überhaupt nicht gedacht." Sie weiß aber auch, dass ihr Sohn im Gegensatz zu ihr das Wort Angst fast nicht kennt. "So ist er halt: richtig draufgängerisch. Und seine Grundfrechheit, die hat er von seiner Mama geerbt..."

von Peter Frauneder,Kronen Zeitung

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(Bild: KMM)



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