"Schwindelt wieder"

Korruptionsprozess: Berlusconi glänzt durch Abwesenheit

Ausland
18.01.2010 13:16
Der Korruptionsprozess gegen Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi ist am Montag in Mailand fortgesetzt worden - in Abwesenheit des Angeklagten. Und das obwohl seine Rechtsanwälte versichert hatten, dass der Premier vor Gericht erscheinen würde. Stattdessen verlasen sie nun einen Brief von Berlusconi, wonach er wegen "unerwartet dazugekommenen Terminen" in Zusammenhang mit seinen politischen Pflichten nicht an der Verhandlung teilnehmen könne. Die Opposition ortet einen "Schwindel".

Denn erst vor wenigen Wochen hatten die Verteidiger des Premiers betont, Berlusconi sei in der Lage und fest dazu entschlossen, an allen künftigen Gerichtsverhandlungen in Mailand teilzunehmen. Am Montag erklärten die Juristen dann, dass der Premier erst vor Gericht erscheinen wird, wenn alle Zeugen befragt worden sind. Dementsprechend kommentierte der Oppositionspolitiker Antonio Di Pietro das Fernbleiben des Premiers mit den Worten: "Berlusconi schwindelt wieder."

Die Richter vertagten nun den Prozess auf den 25. Jänner und legten eine Reihe von Gerichtsverhandlungen bis zum 12. April fest. An diesem Tag solle mit der Befragung der Zeugen der Verteidigung begonnen werden.

Bilanzfälschung und Steuerbetrug
Über ein Jahr lang stand Berlusconi unter dem Schutz eines umstrittenen Immunitätsgesetzes, das ihm Straffreiheit gewährte. Nachdem das Verfassungsgericht das Gesetz im Oktober für rechtswidrig erklärt hatte, muss er sich jetzt wieder vor Gericht verantworten. Der Korruptionsprozess in Mailand war im November wieder aufgenommen worden.

Bei dem Verfahren geht es um den Verdacht des Betrugs und der Unterschlagung beim Kauf von Filmrechten für Berlusconis Medienkonzern Mediaset in den 1990er-Jahren. Dem Medienunternehmer und rund einem Dutzend Mitangeklagten werden unter anderem Bilanzfälschung und Steuerbetrug vorgeworfen. Angeklagt ist auch Mediaset-Präsident Fedele Confalonieri. Das Unternehmen soll Filmrechte über Firmen in Steueroasen gekauft und den italienischen Finanzbehörden überhöhte Kaufpreise angegeben haben, um Steuern zu sparen.

Ein weiterer Prozess gegen Berlusconi wird am 27. Februar wieder fortgesetzt. Die Mailänder Staatsanwaltschaft wirft dem Premier vor, dem britischen Anwalt David Mills im Jahr 1997 600.000 Dollar für Falschaussagen in Prozessen gegen Mediaset bezahlt zu haben. Beide Männer haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Mills war von einem Mailänder Gericht im vergangenen Oktober in zweiter Instanz zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Premier will sich mit neuem Gesetz schützen
Über den Mailänder Staatsanwälten, die die Prozesse gegen Berlusconi führen, hängt ein Damoklesschwert. Die Regierungskoalition diskutiert im Senat einen Gesetzentwurf zur Verkürzung von Gerichtsverfahren. Das aus drei Artikeln bestehende Papier sieht vor, dass Prozesse in allen drei Instanzen insgesamt maximal sechs Jahre dauern dürfen. Ein Prozess soll bereits zwei Jahre nach Beginn des erstinstanzlichen Verfahrens verjähren, wenn es um Vergehen geht, die mit maximal zehn Jahren Haft bestraft werden. Sollte das Gesetz verabschiedet werden, könnten beide Prozesse gegen den Premierminister als verjährt erklärt werden.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele