Entzugserscheinungen
Studie: Soziale Medien wirken wie Suchtmittel
Bereits sieben Tage ohne Facebook und Co. reichen oftmals aus, um Entzugserscheinungen zu erzeugen, wie sie auch Suchtmittel verursachen können. Das ist das Ergebnis einer am Mittwoch veröffentlichten Studie österreichischer Wissenschaftler. Tatsächlich konnten klassische Entzugserscheinungen wie ein deutlich gesteigertes Verlangen, Langeweile sowie ein Einfluss auf positive und negative Stimmungslagen identifiziert werden. Am überraschendsten war jedoch, dass es 90 der 152 Studienteilnehmer nicht einmal schafften, die sieben Tage Social-Media-Abstinenz durchzuhalten, ohne „rückfällig“ zu werden.
Soziale Medien sind für sehr viele Menschen Teil ihres Sozialverhaltens - und damit ihres Alltags - geworden. Wie und wann Menschen Facebook & Co. nutzen, wurde daher bereits umfassend untersucht. Wenig weiß man jedoch über die Reaktion der Nutzer auf eine Abstinenzphase. Wie sehr fehlt ihnen die Nutzung - und was sind die Konsequenzen eines solchen „Entzugs“? Genau diesen Fragen sind zwei Wissenschaftler der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems (KL Krems) und der Universität Wien nachgegangen - und fanden aus der Suchtforschung bekannte Antworten.
„Tatsächlich führte schon ein siebentägiger Verzicht auf Social Media bei den Probandinnen und Probanden zu leichten Entzugserscheinungen, wie wir sie vom Suchtmittelgebrauch kennen“, erklärt einer der Studienautoren, Prof. Stefan Stieger vom Department Psychologie und Psychodynamik der KL Krems. „Insbesondere stieg das Verlangen - die Gier - nach der Nutzung von Social Media in der Abstinenzphase stark an. Ein Effekt, der sogar dann noch messbar war, als Social Media bereits wieder genutzt werden durften.“
Sozialer Druck
Auch Langeweile und das Empfinden eines signifikant gesteigerten sozialen Drucks, die Nutzung von Social Media wiederaufzunehmen, traten ein. Letzteres entstand aus dem Gefühl heraus, dass Freundinnen und Freunde den Austausch auf Social Media von einem erwarten würden bzw. dass man etwas verpassen könnte. „Das Spüren eines sozialen Drucks“, erläutert Prof. Stieger, „ist umso erstaunlicher, als es den Probandinnen und Probanden erlaubt war, andere Kommunikationskanäle wie SMS und E-Mail zu nutzen.“
Insgesamt nahmen an der Studie 152 Personen im Alter von 18 bis 80 Jahren teil - davon 70 Prozent Frauen. Die Tatsache, dass über 1000 Personen die Einladung zur Teilnahme wahrgenommen haben, davon aber nur ca. 30 Prozent überhaupt Interesse zeigten und schlussendlich nur knapp 15 Prozent sich zur Social-Media-Abstinenz bereit erklärten, kommentiert Prof. Stieger so: „Es liegt die Vermutung nahe, dass sich eher solche Personen zur Teilnahme meldeten, denen der Verzicht auf Social Media leichter fällt - und deren Entzugserscheinungen somit vielleicht auch milder ausfielen als bei anderen. Die Auswirkungen könnten für andere Personen also noch ausgeprägter sein.“
60 Prozent wurden schwach
Ebenso überraschend war die hohe Anzahl an Studienteilnehmern, die „schwach“ wurden und in der siebentägigen Abstinenzphase dennoch Social Media nutzen. Zwar passierte dies selten (im Durchschnitt weniger als zweimal) und kurz (durchschnittlich drei Minuten), insgesamt waren es aber doch fast 60 Prozent der Probanden, die „schummelten“. Für Prof. Stieger ein Hinweis darauf, wie sehr Social Media in den Alltag integriert sind und wie schwer es dadurch selbst zur Abstinenz bereiten Menschen fällt, dieses Vorhaben konsequent umzusetzen.
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