Schleppender Start

Viele “untauglich”: Erst 88 Postler zur Polizei gewechselt

Österreich
18.01.2010 14:25
Noch im Oktober hatte Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) verlautbart, sie rechne bis Ende 2010 mit 1.000 zusätzlichen Mitarbeitern für die überforderte Polizei – rekrutiert aus Ex-Post- und Telekom-Mitarbeitern. Doch nun zeigt sich, dass bisher gerade einmal 88 Beamte zur Exekutive gewechselt sind. Ein Grund dafür ist laut dem Innenressort, dass die Hälfte der Bewerber "untauglich" sei. Zudem würden aktuell ohnehin nur 320 Leute gebraucht. Postgewerkschaft und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) schäumen.

Laut einem Fekter-Sprecher seien derzeit nach einer Befragung der Landespolizeikommandos lediglich genannte 320 zusätzliche Mitarbeiter vonnöten. Diese Zahl wolle man aber schrittweise erhöhen, weshalb die Bedarfserhebung regelmäßig durchgeführt werde. Allerdings, so der Sprecher, laute das Motto "Qualität vor Quantität", rund 50 Prozent der Bewerber erweisen sich als "nicht tauglich".

Postgewerkschafter Fritz: "Gelinde gesagt unfair"
Empört reagierte auf diese Aussage der oberste Postgewerkschafter Gerhard Fritz: "Das Innenministerium hat von vornherein nicht mehr als 320 Leute übernehmen wollen. Das jetzt auf mangelnde Eignung zu schieben ist gelinde gesagt unfair." Statt der im vergangenen Herbst großartig kommunizierten 1.000 Postler, die man im Polizeidienst brauchen könne, seien in der Sicherheitsakademie von vornherein nur vier Lehrgänge für je 80 Leute angesetzt worden. "Das ergibt 320 Posten. Aber 'Tausend Postler für die Polizei' hat sich vor den Landtagswahlen in Oberösterreich und Vorarlberg wohl besser angehört."

Jetzt stelle man die Postbediensteten als unfähig hin, um die politisch motivierte Falschinformation vom vergangenen Herbst zu kaschieren, beschwerte sich Fritz. Mehr als 90 Prozent der Postler, die sich für den Wechsel interessiert hätten, hätten den Eignungstest bestanden. Auch Fekters Sprecher räumte diesbezüglich ein, dass es bei jenen, die bereits ins Innenministerium gewechselt sind, "sehr positive Rückmeldungen" gegeben habe.

Heinisch-Hosek: Fekters Vorgangsweise "ein Rätsel"
Heinisch-Hosek wiederum kann nicht verstehen, warum Fekter nur mehr einen aktuellen Bedarf von 320 ehemaligen Post- und Telekom-Beamten für die Polizei sieht. Diese Vorgangsweise "ist mir ein Rätsel", so Heinisch-Hosek verärgert. Die aktuelle Kriminalitätsstatistik "zeigt Handlungsbedarf", außerdem gebe es "genug Interessenten". Sie sei nach wie vor überzeugt, dass 1.000 neue Verwaltungsmitarbeiter für die Polizei bis Ende des Jahres möglich seien.

Heinisch-Hosek ortet bei Fekter "Widersprüche": Wie die Kriminalitätsstatistik über das Jahr 2009 zeige, würden die Straftaten steigen, außerdem sei die Aufklärungsrate mit 40 Prozent immer noch "alarmierend" niedrig. Es sei sowohl ihr als auch Fekters Wunsch gewesen, bis Ende des Jahres 1.000 zusätzliche Verwaltungsmitarbeiter im Polizeidienst zu haben. "Jetzt braucht sie plötzlich nur mehr ein Drittel - das verstehe ich nicht." Im Sinne der Sicherheit plädiere sie dafür, "Gas zu geben", erklärte Heinisch-Hosek. Sollten Kapazitäten bei der Ausbildung fehlen, könnte die Verwaltungsakademie des Bundes den Großteil der theoretischen Phase übernehmen, meinte die Ministerin abermals.

FPÖ: "Politischer Profilierungsversuch" gescheitert
Als überhaupt "gescheitert" sieht hingegen der FPÖ-Abgeordnete Werner Herbert das Projekt: Es handle sich um einen "vorschnellen und dienstrechtlich nicht zu Ende gedachten politischen Profilierungsversuch" von Fekter, bei dem Heinisch-Hosek zugestimmt und mitgewirkt habe.

Anfang September 2009 startete der Pilotversuch, bei dem die ersten Post- und Telekom-Bediensteten mit ihrer Einschulung bei der Exekutive begonnen hatten (siehe dazu die "Krone"-Reportage in der Infobox), um dort die Polizisten bei Verwaltungstätigkeiten zu entlasten. Wie auch die Telekom wird die Post die Gehälter der Beamten bis Juni 2014 weiterzahlen, danach werden sie vom Bund übernommen.

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