Zeitzeugen im Gespräch

Novemberpogrom: „Man darf niemals vergessen“

Tirol
10.11.2018 11:45

Judith Smetana und Abraham Gafni flüchteten nach der Pogromnacht aus Tirol und gehören zu den letzten noch lebenden jüdischen Zeitzeugen. Die „Tiroler Krone“ traf sie in Israel.

An den Tag, an dem er erkannte, dass er in seiner Heimatstadt Innsbruck nicht mehr erwünscht ist, kann sich Abraham Gafni noch sehr gut erinnern. „Ein neuer Lehrer kam in die Klasse. Er ließ uns alle aufstehen. Als ich meinen Namen sagte, meinte er: ,Da ist er ja, der Saujud.’ Und schon hatte ich eine gefangen.“

Dramatische Wendung
Damals war Gafni zehn Jahre alt und sein Leben nahm eine dramatische Wendung. Judith Smetana war gerade einmal zwei Jahre alt, als Gauleiter Franz Hofer in der Pogromnacht zum Sturm auf jüdische Mitbürger aufrief. „Durch einen Zufall blieb mein Vater verschont, weil er gerade nicht zu Hause war“, gibt Smetana wieder, was ihr ihre Eltern später erzählten. Unvergessen bleibt auch die Frage der kleinen Tochter: „Was machen denn die vielen Männer da?“

Am Tag danach flüchteten die Smetanas in die Schweiz und dann nach Palästina. Abraham Gafni gelang die Flucht erst einige Zeit später. Allein mit seinem kleinen Bruder trat der 10-Jährige auf einem Schiff die Reise an. Der Rest der Familie musste zurückbleiben. Ihre Reise endete im Konzentrationslager.

Rückkehr nach Tirol
Smetana wie Gafni fanden in Israel eine Heimat. Nach Tirol kommen sie aber regelmäßig. Sie besuchen Freunde, sie gehen auf Spurensuche. Die Reisen haben ihnen geholfen zu verarbeiten, zu verstehen, vielleicht auch zu verzeihen. „Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, allen meinen Kindern und Enkeln zu zeigen, wo die Wurzeln ihres Großvaters liegen“, sagt der heute 90-jährige Gafni, der bei jeder Tirol-Reise auch zu seinem ehemaligen Wohnhaus in der Defreggerstraße geht. Wo er glücklich war, bis die Nazis in der Nacht auf den 10. November 1938 einen Flächenbrand entfachten.

Gafni und Smetana (82) gehören zu den letzten Zeitzeugen dieser dunklen Zeit. Die 82-Jährige mahnt zum Abschluss: „Wissen Sie, man darf nie vergessen.“

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