Häusliche Gewalt

Verprügelter Popstar löst in Türkei Proteste aus

Ausland
10.11.2018 10:24

Die Popsängerin Sila Gencoglu füllt in der Türkei mühelos Stadien. Hunderttausende jubeln der 38-Jährigen bei Konzerten zu, Millionen folgen ihr in den sozialen Medien. Ebendort, auf Instagram, postete die populäre Künstlerin Anfang November eine sehr persönliche Nachricht und machte öffentlich, dass sie ein Opfer häuslicher Gewalt geworden ist. Eine Protestwelle unter dem Hashtag #kadinsiddetehayir (Nein zu Gewalt an Frauen) wird nun zum Politikum und setzt die Regierung in Ankara unter Druck.

„Ich weiß nicht genau, wie ich beginnen soll, also sage ich es ganz direkt: Ich bin Opfer von häuslicher Gewalt geworden“, postete Gencoglu in ihrem Instagram-Account. „Das ist eine vernichtende Erfahrung, die augenblicklich alles auslöscht, was man im Leben erreicht hat“, schrieb die Sängerin. „Es war ein Augenblick, in dem ich in die Augen all der vielen Frauen in diesem Land geblickt habe, die das erleiden.“

Die Einzelheiten sickerten aus dem Polizeiprotokoll durch: Demnach wurde Sila von ihrem Lebensgefährten, dem bekannten Schauspieler Ahmet Kural, nachts in dessen Villa eine Dreiviertelstunde lang verprügelt, herumgeschleift und mit dem Kopf gegen eine Wand geschlagen. Ein ärztliches Attest bescheinigt der Sängerin Ödeme am Kopf, Abschürfungen, blaue Flecken am ganzen Körper sowie Blut im Urin. Nachbarn wurden Zeugen der Schreie des türkischen Popstars.

Sängerin erstattet Anzeige
Es sei schwierig, öffentlich über die Prügel zu sprechen, aber sie wisse auch: „Wenn ich jetzt schweige, dann verrate ich mich nicht nur selbst, sondern auch alle Frauen dieses Landes und jene Menschen, die gegen Gewalt kämpfen.“ Sie habe deshalb Anzeige erstattet, so die Sängerin.

„Haben uns herumgeschubst - sonst war nichts“
Kural bestreitet die Details der Tat und spielt die Darstellung herunter: „Wir haben uns gegenseitig herumgeschubst, dabei habe ich sie einmal am Arm gepackt - sonst war nichts“, erklärte der Schauspieler, der sich aber bei Gencoglu und allen Frauen der Türkei öffentlich entschuldigt hat, nachdem das Geständnis der Sängerin eine Protestwelle ausgelöst hatte.

Laut Angaben des türkischen Innenministeriums kommen in der Türkei im Zuge häuslicher Gewalt Monat für Monat im Schnitt 20 Frauen ums Leben. Die Dunkelziffer liegt laut Aktivistinnen aber höher, da viele Fälle als Selbstmord getarnt werden. Fast 15.000 Fälle von häuslicher Gewalt werden monatlich registriert, das sind nahezu 500 verprügelte Frauen pro Tag.

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