Haiti-Beben überlebt

Steirerin erzählt: “Haben gedacht, wir sterben alle!”

Steiermark
17.01.2010 22:01
Viktoria Perschler hat das verheerende Beben in Haiti hautnah miterlebt. Die Juristin und ihre Familie überlebten unverletzt, aber der Schock sitzt tief: "Wir haben gedacht, wir müssen alle sterben", schilderte die Steirerin bei ihrer Ankunft am Freitagabend am Wiener Flughafen. Ein mehrstöckiger Wohnblock und meterhohe Mauern um sie herum waren eingestürzt: "Ich habe gedacht, die ganze Stadt liegt in Trümmern."

Gefasst und mit einem erleichterten Lächeln im Gesicht erreichten Perschler und ihr 13-jähriger Sohn gegen 19 Uhr den Airport. Ihre Eltern schlossen die beiden freudig in die Arme. Was sich in Haiti abgespielt hat, ist für alle unfassbar: Das Ausmaß der Katastrophe habe, sie erst im Sammelcamp nach der "wahnsinnig durchorganisierten" Evakuierung durch das US-Militär durch Fernsehbilder begriffen: "Ich starrte auf den TV-Screen und mir kamen die Tränen", erzählte Perschler.

Zwei-Meter-Mauer einfach umgefallen
"Ich war vor dem Haus, mein Sohn war in dem Haus. Die Erde begann zu beben", erinnert sich die Beraterin verschiedener Sozialeinrichtungen an Mittwoch. "Wir haben eine zwei Meter hohe Mauer, die ist einfach umgefallen. Ich hatte mich ausgesperrt und ich konnte nicht zu meinem Sohn. Das ganze Haus hat gewackelt, es waren Wellen in der Erde."

Wie durch ein Wunder blieb das Gebäude stehen, Perschler und ihr Sohn überlebten ohne einen einzigen Kratzer. "Es war nach dem Erdbeben ganz still, und dann hat man das Weinen gehört, die Schreie", so Perschler. Geblieben sei zunächst vor allem die Sorge um den Lebensgefährten, den sie erst nach drei bangen Stunden wiedergefunden habe. Zwangsevakuiert von den US-Truppen ging es danach zu einem Sammelplatz: "Wir haben gewartet - voll Angst auf die Nachbeben", erzählte Perschler.

"Es wird immer wieder kommen"
Ihr gehe es im Moment gut, aber "es war ein Schock, und es wird auch immer wieder kommen". 15 Monate habe sie in Haiti gelebt, in einem Land mit "immer freundlichen Menschen, zu Scherzen aufgelegt, obwohl sie so arm sind". Mit einem Lächeln im Gesicht würden die Marktfrauen bereits jetzt versuchen, den Alltag wieder aufzunehmen und das wenige Übriggebliebene zu verkaufen. "Ich weiß nicht, wo die diese Kraft hernehmen", betonte Perschler. "Es fehlt an allem. Es gibt keinen Strom. Wir wissen noch nicht, wie viele Leute noch unter den Trümmern liegen." Die kommenden sechs Stunden seien die letzte Hoffnung für die Verschütteten.

Einigermaßen heil geblieben sei lediglich ein kleiner Stadtteil - dessen Parks seien voll mit Überlebenden. "Es muss jetzt gespendet werden", so Perschlers dringender Appell. "Es gibt keine Häuser und jene, die es noch gibt, sind vom Einstürzen bedroht und voll mit Rissen." Benötigt würde alles - medizinische Hilfe, Wasser, Nahrung, Zelte und psychologische Betreuung aber auch Disziplin, um Unruhen und Panik zu verhindern. Sinnvoll wäre es laut Perschler, Teile der Bevölkerung zu evakuieren und bei ihren Familien am Land unterzubringen.

Perschler will zurück und beim Wiederaufbau helfen
"Es war schon so ein armes Land", so Perschler, die bereits seit insgesamt mehr als zehn Jahren im Ausland tätig ist. Nach den ersten Notmaßnahmen wolle sie daher zurückgehen und beim Wiederaufbau mithelfen. "Wir wären im Moment nur eine Last. Ich bin nicht trainiert für so eine Krisensituation", erklärt sie ihre Rückkehr. Ihr Lebensgefährte, Mitarbeiter einer Hilfsorganisation, sei hingegen in Port-au-Prince geblieben, um bei den ersten Notmaßnahmen mitzuhelfen.

Grotesk mutete Perschlers Beschreibung nach der Ankunft in einem Hotel in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik unmittelbar nach der Evakuierung an: Touristen spazierten "voll durchgestylt", unberührt von dem Beben durch die Straßen. "Ich glaube, die haben, dass gar nicht wahrgenommen", so die Einschätzung der Österreicherin. Anders als in Haiti habe die Erde in dem Urlaubsparadies aber auch nur "leicht gewackelt".

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