Nach „Krone“-Bericht

Spion für Russen: Aufregung von Brüssel bis Moskau

Österreich
10.11.2018 12:49

Noch mehr neue Details zum Spionagekrimi: Der enttarnte Bundesheer-Offizier arbeitete bereits seit 1988 für Russland und dürfte auch bis in das NATO-Hauptquartier gelangt sein.

Der Bericht der „Krone“ sorgt für Diskussionen: Hat unser Bundesheer tatsächlich brisante Geheimnisse? Kann der Spion (70) wirklich Schaden verursacht haben? Informanten im Heeres-Abwehramt, im Verteidigungsministerium sowie in der Bundesregierung bestätigten am Freitag: „Das war keine Kleinigkeit.“

Was die Ermittler wissen, und was bisher noch Vermutungen sind - hier die aktuelle Zusammenfassung:

Der Tatverdächtige: Er spionierte seit 1988
Bei einer Reise in den Iran soll der Salzburger Oberst bereits 1988 vom russischen Geheimdienst angeworben worden sein. Der Offizier, der 2013 mit 65 Jahren in Pension ging, hat - laut ersten Einvernahmen - „mehr als 300.000 Euro“ für seinen Spionage-Job erhalten.

Die Ziele: Luftwaffe, Artillerie, Migration, Persönliches
Das Interesse des russischen Nachrichtendienstes soll klar abgesteckt gewesen sein: Am meisten Sorge bereitet den Ex-Kollegen des Salzburgers, dass er detaillierte Persönlichkeitsprofile über Mitglieder der Armeeführung per Satellitenkommunikation weitergegeben hat. Ein Nachrichtendienst-Experte: „Wer hohe Schulden hat, Drogen nimmt oder heikle Affären hat, ist natürlich erpressbar. Wenn ein Geheimdienst Derartiges von Offizieren weiß, ist das ziemlich brisant.“

Ebenfalls in der „Bestellung“ der Russen: konkrete Lageberichte über die Migrationssituation sowie über die aktuellen Reaktionen der Bundesregierung auf Zuwanderungswellen.

Die Russen: Warum ist Österreich interessant?
Noch unbestätigt ist, dass der russische Militärgeheimdienst GRU (Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenij) die Aufträge an den Salzburger verteilt hat. Wie berichtet, versorgte er ja alle zwei Wochen seinen Kontaktmann „Juri“ mit Infos, auch nach der Pensionierung. So hatte die russische Seite großes Interesse am Artilleriesystem M109: Was Bundesheer-Insider nicht verwundert, denn aufgrund einer Eigenentwicklung kann diese Panzerhaubitze Feuerabgabe und Stellungswechsel schneller als andere Systeme durchführen.

Der Eurofighter: Was konnte der Spion wissen?
Die Abfangjäger sollen ebenfalls für die Russen interessant gewesen sein. So nutzen Österreichs Eurofighter - wie in NATO-Ländern - für Navigation, Funkverschlüsselung und Freund-Feind-Erkennung Krypto-Schlüssel, die in Zeltweg von US-Experten der Defence Security Cooperation Agency (Sitz im Pentagon) vergeben werden.

Ein Luftwaffenexperte des Heeres: „Allerdings ist unmöglich, dass ein Unbefugter zu diesen Daten kommt.“ Sie seien absolut sicher am Airport Zeltweg geschützt - und dort hätte der Tatverdächtige gar keinen Zugang gehabt.

Die EU: Regierung erwartet unangenehme Fragen
Dass aber ein Spion der Russen 30 Jahre lang bei einer Armee herumschnüffelt, die in der „Partnerschaft für den Frieden“ eng mit der NATO verbunden ist, sorgt in der EU nicht für Begeisterung. So soll der Oberst sogar mindestens einmal dienstlich im NATO-Hauptquartier in Brüssel gewesen sein, erfuhr die „Krone“ aus Regierungskreisen. In der Koalition erwartet man sich auch deshalb einige unangenehme Fragen von anderen Regierungen.

Der Tipp: Oberst flog auf und legte Geständnis ab
Vor einigen Wochen bekam das Heeres-Abwehramt dann einen Tipp über „Nachrichtenabflüsse“ von einem befreundeten Geheimdienst, wenig später war der Täter identifiziert: Auf eine spektakuläre Festnahme wurde verzichtet, stattdessen legte der Offizier nach vielen Gesprächen ein Geständnis ab. Ein Bundesheer-Insider: „Wir legten Wert auf ein freundliches Klima - und hatten damit Erfolg.“

Am Freitag wurde der Fall an die Staatsanwaltschaft Salzburg übergeben. Laut § 252 StgB - Verrat von Staatsgeheimnissen - drohen dem Oberst jetzt bis zu zehn Jahre Haft.

Richard Schmitt und Sandra Schieder, Kronen Zeitung

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