Streitthema Spenden

Null Transparenz, kaum Kontrolle bei Parteifinanzierung

Österreich
15.01.2010 09:59
Beim Bawag-ÖGB-Skandal, im Spitzel-U-Ausschuss, bei der Hypo und jetzt in der Causa Scheuch: Immer wieder taucht bei politischen Streitthemen das Stichwort Parteienfinanzierung auf. Tatsächlich herrschen in Österreich geradezu paradiesische Zustände für anonyme Geldflüsse zu Parteien. Allein die staatliche Förderung übersteigt sogar die Summe der Gelder, die die Bundesrepublik Deutschland ihren Parteien zukommen lässt. Heimische Parteien können auch ungestraft Spenden jeglicher Höhe annehmen. Öffentlich deklarieren müssen sie dabei rein gar nichts.

Das staatliche Parteienförderungssystem kann sich in Österreich – aus der Perspektive ausländischer Parteien – durchaus sehen lassen: Insgesamt fast 137 Millionen Euro haben Bund, Länder und Gemeinden den Parteien im Jahr 2008 zur Verfügung gestellt.

Das entspricht, wie aus einer Aufstellung des österreichischen Politikwissenschafters Hubert Sickinger hervorgeht, in etwa auch der direkten staatlichen Parteienförderung im ungleich größeren Deutschland: 133 Millionen Euro flossen dort auf Bundes- und Landesebene an die Parteien. Minimal dagegen die Zuwendungen in Großbritannien, wo der Staat nur 2,24 Millionen Euro für politische Programmarbeit aller Parteien springen lässt.

Fülle an Förderungen und Millionen für Wahlkämpfe
Dazu gibt es in allen drei Ländern unterschiedlich hohe Zuschüsse für die politische Arbeit der Parteien, wobei es sich die österreichischen Politiker in Summe recht komfortabel eingerichtet haben: Wie in Deutschland gibt es hierzulande Unterstützung für Parteiakademien, Parlamentsklubs und Parlamentsmitarbeiter. Diese Förderungen sind in Deutschland deutlich höher als in Österreich: Die Bundestagsfraktionen erhielten dort 2008 68,4 Millionen Euro, die österreichischen Parlamentsklubs 15,6 Millionen Euro. Allerdings ist Deutschland zehnmal größer als Österreich.

Die österreichischen Parteien haben sich überdies noch eine zusätzliche staatliche Unterstützung für Wahljahre einfallen lassen: die "Wahlkampfkostenrückerstattung" von 2008 betrug satte 13,3 Millionen Euro. Vergleichsweise mager dagegen die Förderung in Großbritannien: Parteiakademien erhalten kein Geld, und Fraktionsförderung gibt es nur für die Opposition (im Unterhaus waren das 2008/2009 umgerechnet 7,69 Millionen Euro).

Strenge Kontrolle vs. null Transparenz
Aber Staatsgelder sind die eine Sache, Zuwendungen aus der Wirtschaft und von Lobbys eine andere: Unvergleichlich schärfer sind aber trotzdem in Großbritannien und vor allem in Deutschland die Transparenzbestimmungen: Parteispenden ab 10.000 Euro müssen in Deutschland unter Angabe des Spenders offen gelegt werden. In Großbritannien liegt diese Schwelle bei 5.589 Euro, auf Wahlkreisebene ist die Offenlegung schon 1.118 Euro verpflichtend. Verstöße gegen die Transparenzbestimmungen werden mit Geldstrafen (in Deutschland das Zwei- bis Fünffache der Spende) und im Extremfall sogar Haftstrafen (bis zu drei Jahre) geahndet.

In Österreich sind dagegen anonyme Parteispenden in beliebiger Höhe möglich. Vorgesehen ist nur, dass die Parteien Spenden über 7.260 Euro an den Rechnungshofpräsidenten melden, der diese Angaben jedoch unter Verschluss halten muss. Diese Listen sind außerdem lückenhaft, denn Sanktionen bei unvollständigen Angaben gibt es nicht. Auch eine Rechnungshof-Kontrolle der Spenden ist nicht vorgesehen. RH-Präsident Josef Moser hat daher bereits vor zweieinhalb Jahren ein Ende dieses Systems und mehr Transparenz gefordert - passiert ist jedoch nichts.

Auch die Rechenschaftsberichte, die von den Parteien jährlich vorgelegt werden müssen, sind in Österreich lückenhaft: Während die deutschen Parteien auch die Finanzen ihrer Landes- und Kreisverbände offenlegen müssen, gibt es in Österreich nur einseitige Kurzbilanzen der Bundesparteien. Landesparteien und Teilorganisationen werden nicht erfasst. Als einzige im Parlament vertretene Partei legen derzeit die Grünen ihre Finanzen vollständig offen. Die Aufstellung ist auf der Website der Partei zu finden.

"Das Schlechteste aus beiden Welten"
Der auf Parteienförderung spezialisierte Politikwissenschafter Hubert Sickinger, von dem die oben genannten Zahlen und Aufstellungen stammen, fordert seit Jahren eine Reform des Parteienrechts nach deutschem Vorbild. Eine hohe staatliche Parteienförderung und gleichzeitig keine Transparenzbestimmungen - "für die Steuerzahler ist das eigentlich das Schlechteste aus beiden Welten."

Das am Mittwoch bekanntgewordene Tonbandprotokoll, in dem FPK-Chef Uwe Scheuch die Möglichkeit der Einbürgerung eines russischen Investors im Gegenzug für ein Investment in Kärnten und eine Parteispende erläutert, dürfte laut Sickinger allerdings wohl nicht strafrechtlich relevant sein. Wäre ein solcher Deal allerdings über die Bühne gegangen, dann wäre eine "verbotene Intervention" des Politikers denkbar. Das Problem dabei: Der Konnex zwischen einer Parteispende und der Amtshandlung (also etwa einer Einbürgerung) müsste erst einmal nachgewiesen werden.

Schein-Offenlegung im Safe des Rechnungshofes
Sickinger fordert daher Transparenzvorschriften für Parteispenden nach deutschem Vorbild: "In Deutschland ist die Bilanzierungspflicht der Parteien weltweit wahrscheinlich am besten geregelt", betont Sickinger. Das erkennt man auch an den Negativbeispielen, etwa bei den zahlreichen aufgedeckten Spenden-Skandalen.

Die heimische Variante, die Deponierung von Spenderlisten beim Rechnungshof, reiche bei weitem nicht aus und sei nur ein "Feigenblatt" der Parteien für die öffentliche Debatte. Der Rechnungshofpräsident müsse die Liste im Safe deponieren: "Eigentlich darf er das selber nicht wirklich zur Kenntnis nehmen. Für die Prüftätigkeit des Rechnungshofes ist das irrelevant."

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