Christin wieder frei

Islamisten wollen Pakistan jetzt ins Chaos stürzen

Ausland
01.11.2018 16:15

Pakistan kommt nach dem Freispruch der wegen Blasphemie verurteilten Christin Asia Bibi nicht zur Ruhe: Einen Tag nach dem Richterspruch ist es in dem vorwiegend muslimischen Land wieder zu Straßenprotesten radikalislamischer Gruppen gekommen. Angesichts der Proteste hat die Regierung in Islamabad Soldaten in die größeren Städte entsandt. Um sein Leben fürchten muss indes neben den zuständigen Höchstrichtern auch der Anwalt der Frau, Saiful Malook. „Ich glaube, ich habe absolut keine Sicherheit. Keine Sicherheit und ich bin das einfachste Ziel ... jeder kann mich töten“, so der Jurist, der den Freispruch der Christin mit seinem mutigen und beharrlichen Einsatz erst möglich gemacht hatte.

„Wir werden unser Leben opfern, aber wir werden niemals weichen“, machte der radikalislamische Prediger und Anführer der Gruppe Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP), Khadim Rizvi, am Donnerstag in der östlich gelegenen Großstadt Lahore die weitere Marschrichtung der Radikalen deutlich.

Schulen im ganzen Land geschlossen
Landesweit kündigten Anhänger der radikalen Gruppe an, die Proteste fortzuführen. Sie blockierten auch eine der Hauptzufahrten in die Hauptstadt Islamabad, wie die Polizei mitteilte. Aus Angst vor heftigen Ausschreitungen blieben landesweit Schulen geschlossen und Straßen menschenleer. Das Militär schützte am Mittwoch das Parlamentsgebäude und die Gerichte in der Hauptstadt Islamabad, nachdem Tausende Protestierende Straßen blockiert und Regierungseinrichtungen geplündert hatten. Soldaten wurden auch nach Lahore entsandt.

Ausgebrochen waren die Proteste, nachdem die wegen Blasphemie verurteilte Christin Asia Bibi nach acht Jahren in der Todeszelle vom Obersten Gerichtshof in Islamabad freigesprochen worden war. Der Christin war vorgeworfen worden, sich bei einem Streit mit muslimischen Frauen in ihrem Dorf abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben.

Die fünffache Mutter war 2009 festgenommen und im Jahr darauf nach einem umstrittenen Blasphemiegesetz zum Tode verurteilt worden. Die Richter befanden nun, dass die Vorwürfe gegen die 51-Jährige juristisch schwach begründet seien. Radikalislamische Anführer forderten daraufhin den Tod der Richter.

Anwalt von Asia Bibi fürchtet um sein Leben
Während Asia Bibi laut Angaben ihrer Familie nun das Land wohl verlassen dürfte, muss jener Mann, der um die Freiheit und das Leben der Christin kämpfte, mehr denn je um sein eigenes Leben fürchten: ihr Anwalt Saiful Malook. Der streitbare Jurist hatte sich bereits rund um die Ermordung des liberalen Gouverneurs der wichtigsten pakistanischen Provinz Punjab, Salman Taseer, zahlreiche Feinde unter den radikalen Islamisten Pakistans gemacht.

Taseer hatte seine offen ausgesprochene Sympathie für Asia Bibi und die Kritik an den Blasphemiegesetzen des Landes mit seinem Leben bezahlt - er wurde 2011 von einem seiner eigenen Leibwächter am helllichten Tag erschossen. Chefankläger des Mörders war damals Saiful Malook. Er habe den Fall übernommen, als andere sich geduckt und Angst vor Repressalien von Extremisten gehabt hätten, so der Anwalt in einem Interview. Seine Anklage führte zur Verurteilung und anschließenden Hinrichtung des Politiker-Leibwächters - der dennoch landesweit von Islamisten als Held gefeiert und später sogar mit einem Schrein am Stadtrand von Islamabad geehrt wurde.

Anwalt „bereut nichts“
Den Tag der Freilassung von Asia Bibi bezeichnete der Jurist als den „glücklichsten Tag“ seines Lebens. Trotz der fortwährenden Drohungen gegen ihn, bereue er nichts und werde seinen legalen Kampf gegen Intoleranz fortsetzen. Kritiker sagen, die Blasphemiegesetze würden unter anderem missbraucht, um persönliche Feinde anzuschwärzen oder aus dem Weg zu schaffen.

„Ich denke, es ist besser, als tapferer und starker Mann zu sterben, als als Maus und als ängstliche Person zu sterben“, so Malook, der eigenen Worten zufolge von Bedrohungen regelrecht überschwemmt werde und ein Leben in zunehmender Isolation führen muss, in einem „ständigen Zustand der Hypervigilanz“, wie er selbst sagt. Ein hoher Preis, den es aber wert war zu bezahlen, wie der Jurist betont.

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