Trotz Feinstaub:

Ministerin Köstinger sieht Graz als „Vorbild“

Steiermark
29.10.2018 07:30

Als Ministerin ist Elisabeth Köstinger (ÖVP) zuständig für Umwelt, Landwirtschaft und Tourismus - und heute, Montag, Gastgeberin der EU-Ministertagung für Umwelt und Verkehr in Graz. Mit der „Steirerkrone“ sprach sie über CO2, das Diesel-Verbot, Plastikmüll und Glyphosat - und verriet, wie die Steirer das Bauernsterben verhindern können.

Frau Ministerin, warum tagen Sie und Ihre Kollegen ausgerechnet in der Feinstaub-Hauptstadt Graz zum Thema Umwelt?

Wir halten die Ministerräte bewusst nicht nur in Wien ab. In Graz gibt es dieses Problem mit dem Feinstaub, daher passen die Themen Umwelt und Mobilität auch sehr gut hierher.

Müsste die Bundesregierung der lokalen Politik nicht ein wenig auf die Finger klopfen?

Graz ist in Wahrheit ein Vorbild, was die Bemühungen betrifft, etwa mit dem Feinstaub-Hunderter. Wien strengt sich viel weniger an - hat aber natürlich durch seine Topografie und den vielen Wind Vorteile.

Ganz ehrlich: Wie lange fahren wir noch mit Diesel?

Anders als in Deutschland, wo die Feinstaub-Übertretungen weit massiver sind, sind Fahrverbote bei uns kein Thema. Aber wir nehmen die Autoindustrie in die Pflicht und erstellen auf EU-Ebene gerade die neuen Ziele: minus 35 Prozent CO2-Ausstoß bis 2030.

Das Elektroauto ist für viele noch uninteressant, weil Ladestellen und Reichweite fehlen. Gibt es Pläne für eine EU-weite Infrastruktur?

Wir haben gerade erst ein einheitliches Steckersystem für das Laden etabliert. Entlang der Autobahnen bauen wir Schnellladestationen, aber auch bei neuen Mehrparteienhäusern möchte ich, dass in Zukunft solche Anschlüsse miteingebaut werden. Die Infrastruktur muss mit dem steigenden Bedarf mitwachsen. Wobei nicht gesagt ist, dass E-Autos der Weisheit letzter Schluss sind: Auch Wasserstoff und Gas sind interessante Varianten für die Zukunft.

Wäre es nicht gut, auch eine CO2-Steuer einzuführen, damit der Druck auf die Hersteller steigt?

In der Industrie gibt es bereits die Lösung mit den Zertifikaten: Firmen zahlen pro Tonne CO2-Ausstoß, und dieser Preis ist in Österreich sehr hoch, was Wettbewerbsnachteile bringt. Wir brauchen einen EU-weiten Mindestpreis für CO2, damit wir uns nicht gegenseitig unterbieten. Dazu habe ich mit meiner französischen Kollegin Brune Poirson eine Initiative gestartet.

Ein weiteres Thema der Tagung ist Einwegplastik und seine verheerenden Folgen für Umwelt und Gesundheit. Was wird hier getan?

Wir wollen Einwegplastik dort verbieten, wo es schon tolle Alternativen gibt, zum Beispiel bei Wattestäbchen oder Plastikgeschirr. Es ist viel sinnvoller, dafür nachwachsende Ressourcen wie Holz einzusetzen, als Erdöl zu importieren. Bei den Sackerln muss man auch die Verbraucher ermuntern: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Stofftaschen praktisch sind und auch viel länger halten.

Ein heißes Umweltthema ist der Unkrautvernichter Glyphosat. In Deutschland stritten Umwelt- und Landwirtschaftsministerium darüber, ob es verboten werden soll. In Österreich liegen Umwelt und Landwirtschaft hingegen bei einem einzigen Ministerium, nämlich Ihrem. Ein Gewissenskonflikt für Sie?

Überhaupt nicht. Es gibt immer wieder Themen, bei denen ich verschiedene Interessen abwägen muss. Beim Glyphosat hat Österreich 2017 dagegen gestimmt. Die Bauern haben höchstes Interesse an einer intakten Umwelt. Wir arbeiten an einer Machbarkeitsstudie für den Ausstieg. Der größte Glyphosat-Verbraucher sind ja die ÖBB, die ihre Gleiskörper damit behandeln.

Auch in der Steiermark sterben die Bauern. Die Preise rasseln in den Keller, teils wegen der von der EU erzwungenen Marktöffnung. Können wir da gegensteuern?

Die Lösung sind faire Preise - und eine Wertschätzung für Lebensmittel. Essen ist ein Dumping-Produkt geworden, nicht nur Fleisch: Die Wiener werfen pro Tag so viel Brot weg, wie die Grazer essen. Jeder Einzelne ist gefragt, regionale und hochwertige Lebensmittel zu fördern: Als Kunden treffen wir im Kaufhaus wichtige Entscheidungen!

Die Regierung plant, das Wirtschaftswachstum in der Verfassung zu verankern, damit Investoren-Interessen nicht automatisch hinter Umweltinteressen gereiht werden. Das würde auch den Umweltschutz in der Steiermark betreffen, wo derzeit zehn Verfahren über die Umweltverträglichkeit neuer Projekte laufen. Wie stehen Sie als Umweltministerin dazu?

Ich denke nicht, dass es da um ein Entweder-Oder geht. Da es im Regierungsabkommen steht, werde ich das Anliegen natürlich mittragen. Ich möchte aber darin stehen haben, dass es sich dabei um nachhaltiges Wirtschaften handeln muss.

Matthias Wagner
Matthias Wagner
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